Nach Auflösung des „Flügels“ Die AfD ist noch nicht aus dem Schneider
Wuppertal · Verfassungsschutz-Präsident Thomas Haldenwang beobachtet die Folgen der Auflösung des „Flügels“ auf die Gesamtpartei.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz beobachtet nach Wochen der größeren Ruhe wieder einen Anstieg der Aktivitäten im rechten und linken Spektrum. Das sagte der Präsident des Amtes, Thomas Haldenwang (CDU), während eines Besuches im Wahlkreisbüro des Wuppertaler SPD-Bundestagsabgeordneten Helge Lindh. Auf das Büro war in der Nacht zu Donnerstag ein Anschlag verübt worden. Menschen kamen dabei nicht zu Schaden. Dennoch ermittelt die Polizei. Sie mutmaßt die Täter im linksautonomen Spektrum, dessen Ziel Lindh wegen seiner vermeintlich laschen Haltung in der Flüchtlingspolitik Deutschlands geworden ist.
„Drei, vier Wochen waren die Leute von der Corona-Epidemie anscheinend hinreichend eingeschüchtert. Jetzt stellen wir wieder mehr Unruhe im linken und im rechten Spektrum fest“, sagte Haldenwang. Das sonst übliche Niveau sei aber noch nicht wieder erreicht.
An der Aufmerksamkeit von Haldenwangs Behörde ändere das freilich nichts. Das Bundesamt für Verfassungsschutz beobachtet offenbar vielmehr im Großen wie im Kleinen, wie sich die politische Debatte in Deutschland verändert. Das gilt vor allem für die AfD. Es geht nicht zuletzt auf Haldenwangs Initiative zurück, dass der rechtsextreme Flügel der Partei um Björn Höcke seine Selbstauflösung verkündet hat. Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte die Gruppierung unter Beobachtung gestellt. Obwohl der Flügel zumindest offiziell nicht mehr existiert, scheint die AfD noch nicht aus dem Schneider zu sein. „Auch was die Gesamtpartei angeht, werden wir weiterhin unsere Arbeit machen und uns in nicht allzu ferner Zukunft auch dazu äußern“, kündigte Haldenwang an.
Wie viele Kritiker der Partei hat auch der Verfassungsschutzpräsident mit dem Einzug der AfD eine Verrohung der Sprache im Bundestag festgestellt. Die Folgen für die Arbeit von Politikern reichen mittlerweile bis in die Kommunalparlamente. Haldenwang sprach von mehr als 500 Kommunalpolitikern, die von Rechtsextremisten per Mail und durch Hassbotschaften im Internet bedroht werden. Er sieht es deshalb als richtig und notwendig an, dass die Bundesregierung die Schutzmöglichkeit von Politikern auf die kommunale Ebene ausgedehnt hat. Der Staat investiere in Personal und Material, um sich gegen Angriffe auf die Demokratie zu rüsten. Die Kooperation von Justiz- und Innenbehörden sei besser geworden. Der Staat habe neue Instrumente geschaffen. Dazu zählt Haldenwang auch die Meldepflicht von Internet-Providern. Dort wirbt er für die derzeit diskutierte Online-Durchsuchung bei Extremisten und kündigt konsequentes Vorgehen gegen demokratiefeindliche Gruppierungen an. „Es werden weitere Verbote kommen“, sagte er.
Seinen Besuch im Wahlkreisbüro des Wuppertaler Abgeordneten Lindh begründete Haldenwang so: „Das ist für mich ein Ausdruck von Solidarität unter Demokraten.“ Vorfälle wie den am Donnerstag träfen Abgeordnete, „die einen klaren Standpunkt haben“.