Porträt: Meryl Streep - Die Königin von Hollywood
Meryl Streep hält sich vom Glamour fern, kann sich aber trotzdem mit 60Jahren vor Angeboten kaum retten.
New York. Ihren ersten Oscar hätte Meryl Streep beinahe verloren: Vor lauter Aufregung vergaß sie das gute Stück nach der Preisverleihung auf der Toilette.
Doch seit der Auszeichnung für das Scheidungsdrama "Kramer gegen Kramer" (1979), in dem sie mit Dustin Hoffman um das gemeinsame Kind kämpft, hat sich die Ausnahmeschauspielerin an Ehrungen gewöhnt.
Allein für den Oscar wurde sie 15 Mal nominiert, so oft wie niemand sonst in der Filmgeschichte. Zwei Mal hat sie ihn bekommen. Am Montag wird sie 60 Jahre alt - und ist trotz des Jugendwahns in Hollywood ein größerer Star als je zuvor.
Während andere Frauen über 40 in der Traumfabrik behandelt werden, als wäre ihr Verfallsdatum überschritten, kann Streep sich vor Angeboten kaum retten: In den vergangenen zwei Jahren ist sie mit zehn Filmen in die Kinos gekommen.
Zuletzt landete sie mit ihrem hinreißenden Auftritt in der Kinoadaption des Abba-Musicals "Mamma Mia" einen Kassenschlager. Ihre Rollen als zickige Mode-Chefin in der Bestsellerverfilmung "Der Teufel trägt Prada" (2007) und als verbitterte Nonne in dem Gesellschaftsdrama "Glaubensfrage" (2008) trugen ihr die beiden bisher letzten Oscar-Nominierungen ein.
Was Streep zu einer Klasse für sich macht, ist nach Einschätzung der Kritiker ihre unglaubliche Wandlungsfähigkeit. Oft spielt sie starke, eigenwillige und verletzliche Frauen.
Aber auch in heiteren oder komischen Rollen ist sie überzeugend. "Ich mag einfach die Vielfalt", sagte sie einmal. "Für mich ist das wie ein gutes Essen, da braucht man ein Stück Fleisch, aber auch Gemüse, Nudeln - und Rote Grütze."
1949 als Kind wohlhabender und kulturell interessierter Eltern im US-Bundesstaat New Jersey geboren, hatte die kleine Mary Louise Streep schon früh einen Hang zur Schauspielerei. Sie fand sich zwar dick und hässlich, doch das spornte sie auch an.
Bei ihren Kollegen ist Streep für Professionalität, eisernen Arbeitswillen und höchsten Perfektionismus bekannt. So trieb sie für die Komödie "Der Teufel trägt Prada" mit ihren exakten Modevorstellungen die Kostümbildnerinnen zur Verzweiflung.
Für "Sophies Entscheidung" lernte sie polnisch, um den Akzent der polnischen KZ-Überlebenden glaubwürdig sprechen zu können. Für den Abba-Film hatten die Schauspieler die Songs zwar vorher aufgenommen, sie bestand aber darauf, sie beim Dreh noch mal zu singen: "Der Zuschauer spürt die Energie."
Ihr Privatleben hält Meryl Streep möglichst unter Verschluss. 1978 starb ihr Lebensgefährte, der Schauspieler John Cazale, mit 42 Jahren an Knochenkrebs.
Sie pflegte ihn bis zu seinem Tod. Kurz darauf heiratete sie den Bildhauer Don Gummer: "Ich weiß nicht, was ich ohne ihn tun würde. Ich wäre tot, wenn ich ihn nicht getroffen hätte, zumindest emotional."
Trotz aller Popularität und inzwischen mehr als 50 Filmen wird Streep von Selbstzweifeln geplagt. "Bei jeder Rolle kriege ich kalte Füße und frage mich: Warum wollen mich die Leute überhaupt sehen? Wieso glaube ich, dass ich schauspielern kann?" Wie schön, dass sie sich dann doch wieder einen Schubs gibt.