Fakten & Fälschungen Wie das Trump-Lager sich an Hollywood-Ikone Meryl Streep rächt
Neuland. So recht glaubt offenbar niemand Meryl Streep, dass ausgerechnet sie trotz jahrelanger Zusammenarbeit nichts von den Übergriffen Harvey Weinsteins auf Frauen in Hollywood gewusst haben will.
So legte es in dieser Woche auch die FAZ in ihrer Berichterstattung unter der Überschrift „Was wusste Meryl Streep über Weinstein?“ nah (siehe goo.gl/7inMJP): Die Oscar-Preisträgerin habe durch ihr Schweigen nicht nur viele Schauspielkolleginnen vor den Kopf gestoßen. Unbekannte hätten nun Poster in Los Angeles verteilt, die Streep unter der Überschrift „She knew“ (deutsch: Sie wusste es) neben dem lachenden Harvey Weinstein zeigen.
Man wird in dem FAZ-Bericht keinen Satz finden, der wirklich „Fake news“ enthält, und trotzdem ist die Nachricht in ihrer Gesamtheit falsch: Die Kritik „vieler Schauspielkolleginnen“ (bekannt ist eine) hat mit den „She knew“-Plakaten nichts zu tun, und die Plakate stammen wohl doch nicht von Unbekannten. Rose McGowan, die maßgeblich den Weinstein-Skandal ins Rollen brachte, hatte Streep in einem inzwischen gelöschten Tweet scharf angegriffen: „Schauspielerinnen wie Meryl Streep, die gerne für das Schweinemonster gearbeitet haben, tragen Schwarz aus schweigendem Protest. Euer Schweigen ist das Problem. Ihr akzeptiert einen Fake-Award und bewirkt keinen echten Wandel. Ich verachte eure Scheinheiligkeit“ (siehe goo.gl/izP8fD). Zum Verständnis: Etliche Schauspielerinnen wollen bei der Verleihung der „Golden Globes“ am 8. Januar in schwarzen Kleidern erscheinen.
Streeps umfangreiche Erklärung, wirklich nichts gewusst zu haben (siehe goo.gl/wYzViu), bezog sich ausschließlich auf McGowans Tweet — die übrigens keine Mitwisserschaft Streeps behauptet. Die „She knew“-Plakate sind dagegen wohl eher die billige Rache aus dem Lager von US-Präsident Donald Trump für die bewegende Rede, die Meryl Streep in diesem Jahr bei den Golden Globes gegen ihn hielt (siehe goo.gl/dLpm1t). Gegenüber dem „Guardian“ erklärte ein Trump-Unterstützer namens „Sabo“ sich zum Urheber. Der „Künstler“, der die Poster für 25 Dollar über seine Webseite verkauft, erklärte der Zeitung zu seinen Belegen: er habe keine. Aber: „Ich denke, sie wusste es. Vielleicht hat sie Weinstein mit dem frischen Fleisch versorgt“ (goo.gl/kVrUfn). Das alles war spätestens einen Tag vor Erscheinen des FAZ-Textes bekannt. Man hätte es nur lesen müssen.