Prozess gegen Mutter von Findelkind Paul startet
Bonn (dpa). Weil sie ihren neugeborenen Säugling in einem Rucksack in der Nähe eines Bahngleises ausgesetzt haben soll, muss sich eine junge Frau vor dem Bonner Landgericht verantworten.
Ihr werden versuchter Totschlag und gefährliche Körperverletzung vorgeworfen. „Als das Baby gefunden wurde, litt es an schwerer
Unterkühlung. Die Temperatur lag bei nur noch 29,5 Grad“, sagte ein Gerichtssprecher am Freitag. Die Staatsanwaltschaft spricht von einer „Rettung in allerletzter Minute“. Der Prozess gegen die 21-Jährige beginnt am Montag (2. März).
Der Fall hatte im vergangenen Sommer für großes Aufsehen gesorgt: Drei Jugendliche machten sich am 28. Juni 2014 um kurz vor Mitternacht nach einem Grillabend auf den Heimweg, als sie plötzlich ein Wimmern hören - so stand es im Polizeibericht. Mit dem Handy leuchteten sie das Gebüsch ab und fanden den Rucksack mit dem Säugling. Sanitäter und Krankenschwestern gaben dem Neugeborenen später den Namen „Paul“. Der Junge lebt heute bei einer Pflegefamilie.
Die Polizei fahndete mit Plakaten und Flugblättern nach der unbekannten Mutter. Einen Monat nach dem Fund nahmen Ermittler die 21-Jährige aus Bonn fest, die den Angaben zufolge sofort ein Geständnis abgelegte. Laut Anklage soll die Sportstudentin erst im
Frühjahr 2014 festgestellt haben, dass sie schwanger ist. Für eine Abtreibung sei es zu spät gewesen. Ihre wachsende Körperfülle habe sie mit weniger Sport und opulentem Essen erklärt. Am Tattag habe sie eine Familienfeier wegen „Bauchschmerzen“ abgesagt.
Den entscheidenden Hinweis auf die 21-Jährige lieferte eine Sportkollegin: Beim Fußball-Training sei einer Mitspielerin die plötzlich wieder schlanke Figur der jungen Frau aufgefallen, sagte der Sprecher des Bonner Landgerichts. Für den Prozess sind sieben Verhandlungstage angesetzt. Als erste Zeugen geladen sind einer der jungen Männer, die das Baby fanden, sowie die Mutter der mutmaßlichen Täterin. Das Urteil soll am 19. März gesprochen werden.