Prozess in Köln: Kunstfälscher blamieren Experten
Am Kölner Landgericht wird einer der spektakulärsten Kunstfälscherskandale aufgerollt.
Köln. „Hier ist ja die Hölle los“, sagt Wolfgang B. und posiert im Saal 7 des Kölner Landgerichts im Blitzlichtgewitter vor den Fotografen. Großer Medienandrang herrscht zum Auftakt eines der spektakulärsten Kunstfälscherprozesse der vergangenen Jahrzehnte.
Mit Spannung hat man am Donnerstag den ersten Auftritt des Quartetts erwartet, das jahrelang die Kunstwelt mit meisterhaften Fälschungen von Avantgarde-Künstlern des beginnenden 20. Jahrhunderts geleimt haben soll — und dabei gründlich blamierte.
Der 60-jährige Wolfgang B. mit lockigem Langhaar, Schnäuzer und Kinnbart, kommt betont lässig mit Hemd über den Jeans in den Saal. Kumpel schütteln dem Mann die Hand, der nach Überzeugung der Experten „künstlerisch versiert“ den Fälscher-Pinsel geführt haben soll.
Filouhaft grinst Wolfgang B. in die Objektive und umarmt seine mitangeklagte Ehefrau Helene B. (53), die das dunkelblonde Haar offen trägt und stilsicher in Schwarz gekleidet ist.
Ihre ebenfalls beschuldigte Schwester Jeanette S. (54) wischt sich derweil Tränen aus dem Gesicht. Der vierte Angeklagte, Otto S. (67) aus Krefeld, kommt in schwarzer Weste. Er soll der Cheflogistiker der Fälschertruppe gewesen sein, die nach Erkenntnissen der Ermittler 47 gefälschte Gemälde verkaufte und fast 16 Millionen Euro vor allem auf Konten in Andorra anhäufte.
Zeugen erinnern sich laut Anklageschrift noch, wie das Ehepaar B. 1995 mit der kleinen Tochter zunächst im Wohnmobil nach Frankreich zog, bevor es sich eines Tages ein großes Anwesen bei Mèze kaufte. Helene B. aus Bergisch-Gladbach hatte nach Erkenntnissen der Ermittler einst als Zahnarzthelferin gearbeitet, bevor sie ins Kunst- und Antiquitätengeschäft einstieg.
Der in Höxter geborene Wolfgang B., ehemals Kunststudent in Aachen, geriet schon 1985 wegen Fälschungsverdachts ins Visier der Ermittler. Laut Anklage verbrachte er „sein Leben wesentlich damit, zu malen und sich mit Kunst zu beschäftigen“. Otto S., gelernter Chemielaborant, stieg in den 70ern ins Krefelder Nachtleben ein, erwarb laut Anklage mit der Bürgschaft seines Bruders ein Stundenhotel und ließ ihn später auf den Schulden sitzen.
Otto S. stellte laut Anklage die Kontakte zu Galerien in Paris her, die Schwestern lieferten in Auktionshäuser ein. Namhafte Experten stellten Echtheitszertifikate aus. Damit konnte der Verkauf losgehen. Immense Wertsteigerungen um Millionen Euro erzielten einige Bilder bei Weiterverkäufen auf dem boomenden Kunstmarkt.
Nur der US-Schauspieler Steve Martin verkaufte seinen angeblichen Campendonk mit Verlust. Die fingierte Herkunftslegende um die bislang in der Kunstwelt völlig unbekannten Großväter der Angeklagten, Werner Jägers und Wilhelm Knops, die beim berühmten Galeristen Alfred Flechtheim eingekauft haben sollen, erregte nirgends Misstrauen.
Eine Kunstsachverständige ließ sich allerdings nicht überlisten. Bereits 2003 wies eine französische Expertin in dem angeblichen Max-Ernst-Gemälde „La Foret (2)“ Farbpigmente nach, die es in den 20er Jahren noch gar nicht gab. Dennoch gelang es der Bande, das begehrte Echtheitszertifikat bei einem anderen renommierten Experten zu ergattern.
Der falsche Max Ernst ging schließlich für eine Rekordsumme von 5,5 Millionen Euro an den US-Verleger Daniel Filipacchi. Den Fälschungsnachweis der Expertin verwahrte Otto S. bis zu seiner Festnahme in der Schublade. Bei der Durchsuchung des Anwesens von Wolfgang und Helene B. in Frankreich fanden die Ermittler nur noch ein Glas mit rostigen Nägeln und Harz. Bislang schweigen die drei Hauptangeklagten eisern.