Eilmeldung Fast sechs Jahre Haft in Prozess um „NSU 2.0“-Drohschreiben

Mit Drohungen und rassistischen Beschimpfungen hat der Angeklagte Todesangst verbreitet. Nun hat das Frankfurter Landgericht nach einem langwierigen Prozess ein Urteil gegen den 54-Jährigen gesprochen.

Ein Mann aus Berlin ist im Prozess um die NSU 2.0-Drohschreiben gegen Politikerinnen, Rechtsanwälte und Personen des öffentlichen Lebens verurteilt worden.

Foto: dpa/Andreas Arnold

Im Frankfurter Prozess um die „NSU 2.0“-Drohschreiben ist der Angeklagte zu fünf Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt worden. Der aus Berlin stammende Mann hatte nach Auffassung der Richter per E-Mail, Fax oder SMS eine Serie von hasserfüllten und rassistischen Drohschreiben an Rechtsanwälte, Politikerinnen, Journalistinnen und Vertreter des öffentlichen Lebens gerichtet.

Das Frankfurter Landgericht sprach den 54-Jährigen am Donnerstag unter anderem der öffentlichen Aufforderung zu Straftaten, der Volksverhetzung, der Störung des öffentlichen Friedens, der Verwendung verfassungsfeindlicher Symbole, der Bedrohung, eines tätlichen Angriffs auf einen Vollstreckungsbeamten sowie der Beleidigung für schuldig. Der Angeklagte selbst hatte die Vorwürfe am Donnerstag in seinem „letzten Wort“ erneut zurückgewiesen.

Zu den Adressaten der Drohschreiben gehörten auch Satiriker Jan Böhmermann, Moderatorin Maybritt Illner und Kabarettistin Idil Baydar. Begonnen hatte die Serie im August 2018 mit Todesdrohungen gegen die Frankfurter Rechtsanwältin Seda Basay-Yildiz und ihre Familie. Die Schreiben waren mit „NSU 2.0“ unterzeichnet - in Anspielung auf die rechtsextreme Terrorzelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU).

Die Anklage hatte siebeneinhalb Jahre Haft unter anderem wegen Beleidigung und versuchter Nötigung, Störung des öffentlichen Friedens und Volksverhetzung gefordert. Die persönlichen und öffentlich nicht zugänglichen Daten der Empfängerinnen und Empfänger habe M. unter Vorspiegelung falscher Identitäten von verschiedenen Polizeidienststellen erhalten, hieß es im Plädoyer der Staatsanwaltschaft.

Der Angeklagte hatte sein eigenes Plädoyer gehalten und einen Freispruch verlangt. Er sei lediglich Mitglied einer Chatgruppe im Darknet gewesen, deshalb seien auf seinem Computer Teile der Drohschreiben gefunden worden. Die Drohungen seien niemals ernsthaft gewesen, fügte er hinzu: „Das Projekt NSU 2.0 war nur Herumtrollerei auf hohem Niveau.“

Die Nebenklägerinnen - die Bundestagsabgeordnete Martina Renner (Die Linke) und die Frankfurter Anwältin Basay-Yildiz - hatten weitere Aufklärung gefordert. Zumindest für das erste Schreiben bestünden Zweifel an einer Täterschaft von M.. Auch die Verteidigung kritisierte, dass die Staatsanwaltschaft von einem Einzeltäter ausgehe und wies auf einen Polizisten des 1. Polizeireviers in Frankfurt hin, dessen Rolle in dem Verfahren nicht hinreichend aufgeklärt worden sei.

(dpa)