Prozess um verhungerten Jungen: Bewährung für Jugendamts-Betreuerin
Die Mitarbeiterin eines Jugendamtes im Sauerland hat offenbar kaum ein Auge für die schwierige Familie. Trotz Warnungen. Dann stirbt der zweijährige Sohn - die Frau vom Jugendamt wird verurteilt.
Medebach. Im Prozess um den Hungertod eines Zweijährigen im sauerländischen Medebach hat das Gericht eine Bewährungsstrafe von sechs Monaten gegen die Mitarbeiterin des zuständigen Jugendamtes verhängt. Das Amtsgericht hält den Vorwurf der fahrlässigen Tötung und fahrlässigen Körperverletzung für erwiesen. „Die Angeklagte hat überhaupt nicht hingeschaut“, sagte Richter Ralf Fischer am Donnerstag in der Urteilsbegründung.
Die Staatsanwaltschaft hatte eine Bewährungsstrafe von neun Monaten und eine Geldstrafe beantragt. Die Verteidigung hatte Freispruch gefordert.
Der zwei Jahre alte Anakin war im Februar 2014 aufgrund extremer Unterversorgung gestorben. Seine neun Monate alte Schwester konnte gerettet werden. Die neunfache Mutter hatte den Kleinen offenbar viel zu wenig zu Essen und zu Trinken gegeben.
Das Jugendamt am früheren Wohnort der Familie im sächsischen Vogtland hatte das Jugendamt im Hochsauerlandkreis schriftlich gewarnt. „Das Schreiben enthält entscheidende Hinweise“, betonte das Gericht. Die Familie benötige dauerhafte Hilfe, auch bei der Versorgung der Kinder, hieß es in dem Schreiben. Die Angeklagte habe es aber unterlassen, eine Gefährdung des Kindeswohls zu prüfen.
Als die Mutter vor drei Jahren wegen einer Infektion mit den beiden Kindern zum Arzt ging, war es für den Zweijährigen zu spät. Er konnte nicht mehr gerettet werden. Er starb an Unterernährung. Das Mädchen kam in eine Pflegefamilie und erholte sich. Die Mutter muss sich später in einem gesonderten Verfahren am Landgericht Arnsberg verantworten. (dpa)