Prügelei nach Rocker-Prozess

Die Polizei rückt mit Hundertschaften an, um Hell’s Angels und Bandidos zu trennen. Anlass: Ein Mordprozess in Münster.

<strong>Münster. Mord im Rockermilieu: Unter strengen Sicherheitsvorkehrungen hat am Montag in Münster der Prozess gegen zwei Mitglieder des Motorradclubs "Bandidos" begonnen. Den beiden Männern (36 und 48) wird vorgeworfen, ein Mitglied der verfeindeten Bande "Hells Angels" erschossen zu haben. Sie sollen den Motorradhändler (47) im Mai in dessen Geschäft in Ibbenbüren mit mehreren Schüssen niedergestreckt haben. Zum Auftakt der Verhandlung, die nach Verlesung der Anklage nach knapp einer halben Stunde beendet war, kamen etwa 600 Rocker beider Lager aus ganz Deutschland.

Nach dem zunächst friedlichen Aufeinandertreffen vor Gericht kam es am Abend zu einer Schlägerei zwischen den Gruppen. Am Stadtrand von Münster seien etwa 40 Rocker aus beiden Lagern aufeinander losgegangen, berichtete ein Polizeisprecher. Zuvor hatte einer der "Hells Angels" am Steuer eines Kleinbusses einen "Bandido" auf der Straße angefahren. Ein Großaufgebot der Polizei hielt die Gruppen schließlich auf Distanz.

Die Angeklagten kündigten vor Gericht an, sich nicht zu den Vorwürfen äußern zu wollen. Die Staatsanwaltschaft hatte bereits zuvor von einem "reinen Indizienprozess" gesprochen.

Am Vormittag bezogen Hundertschaften der Polizei Stellung vor dem Landgericht. Beide Gruppen wurden über getrennte Eingänge in das Gerichtsgebäude und zeitlich versetzt in den Saal geführt. Im Lauf der kurzen Verhandlung mussten die Richter die Besucher mehrmals zur Ruhe mahnen.

Laut Staatsanwaltschaft zufolge fuhren der 48 Jahre alte Angeklagte aus Bremen und der 36-Jährige aus Osnabrück am 23.Mai zum Motorradladen des späteren Opfers. Wahrscheinlich habe der jüngere der Angeklagten das Geschäft betreten und das Opfer mit fünf Schüssen getötet, sagte Staatsanwalt Lechtape. Der Mann erlag noch im Geschäft den schweren Verletzungen.

Er hinterlässt eine Frau und zwei Kinder im Alter von fünf und sechs Jahren. Die Frau trat als Nebenklägerin auf. Ihr Anwalt Jürgen Knecht sagte, er gehe nicht davon aus, dass seine Mandantin in die Dauerfehde zwischen "Bandidos" und "Hells Angels" mit hineingezogen werde. Normalerweise würden Familienangehörige nicht behelligt.

Geschichte Die Gruppierung der "Hells Angels" entstand 1948 in den USA. Im Laufe der Zeit entwickelte sich aus den Harley-Davidson-Fans eine straffe, weltweite Organisation. Die "Bandidos" wurden 1966 in Texas gegründet und bestanden zunächst meist aus Vietnam-Veteranen. Beide Clubs sind seit Jahren verfeindet und liefern sich teils blutig ausgetragene Fehden.

Europa In den 80er Jahren entstanden die ersten Ableger in Frankreich, später in Skandinavien, ab Ende der 90er Jahre auch in Deutschland.

Deutschland "Hells Angels" und "Bandidos" gehören zu den bundesweit bedeutendsten Motorradclubs, beide sind in Größe und Struktur vergleichbar. 2001 wurden in Deutschland rund 40 Gruppen der "Hells Angels" ("Höllenengel") mit 700 Mitgliedern gezählt.

Organisierte Kriminalität Einigen Mitgliedern der Rockerszene sagt das Bundeskriminalamt (BKA) Nähe zur organisierten Kriminalität nach. Beide Gruppen fielen mit Rauschgifthandel und -schmuggel, Zuhälterei und Menschenhandel auf.