Queen stellt Weichen für Generationenwechsel
London (dpa) - Mit fast 88 Jahren ist der Feuereifer im Job nicht mehr ganz so ausgeprägt. Queen Elizabeth II. will nach 62 Jahren im Amt ein bisschen kürzertreten - keine besondere Neuigkeit, zumal die Königin selbst schon mehrmals darauf hingewiesen hat.
„Eine Sache des gesunden Menschenverstandes“, kolportieren Höflinge aus dem Umfeld des Buckingham-Palastes. Für den Boulevard stellt sich dagegen die Frage: „Wann dankt die Queen ab?“
Schon die Fragestellung geht an der Realität weit vorbei. Die Queen selbst hat mehrmals deutlich darauf hingewiesen, dass sie ihr Amt als Lebensaufgabe ansieht, die bis zu ihrem Tod reicht. „Mit der Unterstützung meiner Familie widme ich mich von neuem dem Dienst an unserem großen Lande und seinen Menschen - heute und in den Jahren, die noch kommen werden“, hatte die Monarchin 2012 anlässlich ihres Diamantenen Thronjubiläums erklärt. Die Königswürde ist für sie keine Frage des Wollens - sie ist eine Pflicht.
Was sich gerade hinter den Mauern des Buckingham-Palastes abspielt, ist vielmehr eine Weichenstellung für den bevorstehenden Generationenwechsel. Schon vor zwei Jahren hatte der britische Palastexperte und BBC-Journalist Peter Hunt die Frage aufgeworfen: „Wie geht die Nation eigentlich mit einer alten Monarchin um?“ Mit „alt“ meinte Hunt nicht das Bild, das die ausgesprochen rüstige und im Vollbesitz ihrer Kräfte befindliche Elizabeth gegenwärtig abgibt. Vielmehr hatte er ein Szenario einer gebrechlichen Königin im Kopf, die nicht mehr an die Öffentlichkeit kann, vielleicht auch nicht mehr vollends Herr ihrer Sinne ist.
Bei ihrem Diamantenen Thronjubiläum hatte die Königin symbolisch selbst die Antwort auf diese Frage gegeben. Als sie sich auf dem Balkon ihres Palastes der Nation zeigte, war sie von sechs Menschen umgeben: ihrem Ehemann Prinz Philip (92), ihrem Sohn Charles (65) mit Ehefrau Camilla, ihrem Enkel William (31) mit Frau Kate sowie von Williams Bruder Harry (29). Das Bild, das um die Welt ging sollte sagen: „Seht her, das ist der innere Kreis der britischen Monarchie! - heute und in Zukunft.“ Sollte die Queen einmal nicht mehr in der Lage sein, die Amtsgeschäfte zu führen, sieht die Verfassung vor, dass dies ein „Regent“ für sie bis zu ihrem Tod übernimmt - das wäre dann Prinz Charles.
Schrittweise gibt die Königin seitdem Aufgaben ab, so will sie etwa keine längeren Auslandsreisen mehr antreten. Thronfolger Prinz Charles, seit 62 Jahren im „Wartestand“ und mit am längsten wartender Thronerbe der Geschichte, vertrat die Queen etwa bei der wichtigen Commonwealth-Konferenz im vergangenen Herbst in Sri Lanka. Der Palast sah dies als wichtigen Testlauf: Der Queen liegt der Commonwealth als Nachfolgeorganisation des einstigen britischen Empire besonders am Herzen. Charles, bekannt für durchaus auch einmal kontroverse Sichtweisen, war bei vielen Commonwealth-Ländern nicht immer ganz oben in der Gunst.
So werden Charles und Camilla im Mai mit Kanada eines der wichtigsten Länder des Staatenbundes bereisen, in dem die Queen noch immer Staatsoberhaupt ist. Im April brechen William und Kate nach Australien und Neuseeland auf - auch diese beiden Ländern gehören zur britischen Krone. Unklar ist noch immer, wer das Königshaus in Deutschland vertreten wird - in Hannover wird in diesem Jahr der 300. Jahrestag der Thronbesteigung eines Hannoveraner-Königs in Großbritannien begangen.
Für Prinz Charles bedeutet die zunehmende Übernahme von Aufgaben seiner Mutter nicht nur Freude. Obwohl ihm jahrelang öffentlich nachgesagt wurde, er sei scharf auf die Amtsübernahme, dürfte das an der Wahrheit haarscharf vorbeigehen. Vertraute hatten im vergangenen Jahr erklärt, der Prinz sehe die Aussicht auf den Thron eher als Last - dann sei er zur politischen Neutralität verpflichtet und es bleibe ihm wohl keine Zeit mehr für seine Herzensanliegen, wie etwa nachhaltige Ernährungswirtschaft. Aber er ist nicht allein: Seine Söhne William und Harry haben inzwischen ihre Militärkarrieren aufgegeben, um königliche Pflichten übernehmen zu können.