Radevormwald: „Die Leute haben geschrien“

Marcel Langer hat überlebt. Am Mittwoch kehrte der 25-Jährige an den Unfallort zurück.

Radevormwald. Nach dem schweren Busunglück, bei dem am Dienstag fünf Menschen starben und sieben zum Teil schwer verletzt wurden, ruht das öffentliche Leben in der 25000-Einwohner-Stadt Radevormwald. Konzerte entfallen. Eine Theateraufführung des Rheinischen Landestheaters Neuss wurde abgesagt.

Die örtlichen Parteien beendeten den Wahlkampf und verzichten auf geplante Kundgebungen. Eine gute Nachricht gab es: Keiner der sechs Schwerverletzten schwebt noch in Lebensgefahr. Ein junger Mann konnte bereits aus dem Krankenhaus entlassen werden.

Unterdessen steht eine Menschentraube an dem steilen Unglücks-Abhang und blickt erschüttert auf die verbliebenen Wrackteile hinunter - sie halten inne. "Am Mittwoch war das alles noch nicht so realistisch, heute setzt es sich langsam", sagt Christina Pietz (32).

"Die Linie 626 fährt an meinem Wohnzimmerfenster vorbei", erzählt sie, während sie weinend eine Kerze entzündet. Einige Meter hinter dem Unfallort ist die Bushaltestelle "Wuppermarkt" zu einem Treffpunkt geworden - für Anwohner und Überlebende.

Auch Marcel Langer ist gekommen, er hat im Bus gesessen - und überlebt: "Es war schrecklich. Der Fahrer hat Vollgas gegeben, seit der Haltestelle davor. Es hat uns alle in die Sitze gedrückt." Verwunderung habe sich einige Momente vor dem Unglück unter den Fahrgästen breitgemacht, erzählt der 25-jährige Wuppertaler weiter.

"Ich konnte den Fahrer nicht sehen, aber ich glaube nicht, dass er einen Herzinfarkt hatte. Ich kann nicht sagen, ob er sich vielleicht einfach umbringen wollte". Weil Marcel oft auf dieser Strecke fährt, kannte er den Busfahrer. "Er war eigentlich immer ok." Marcel hatte sich wie immer ganz nach hinten gesetzt. Das war wohl sein Glück.

Das ältere Ehepaar, das bei dem Unfall getötet wurde, habe vorne gesessen. "Die Leute haben geschrien, als der Bus über die Böschung ging, es war ewig laut durch den Knall", sagt Langer, während er den Abhang hinunterblickt. Der Bus raste kurz vor der Haltestelle "Wuppermarkt" den Abgrund hinunter, riss Bäume mit sich und landete am Ufer der Wupper, zum Teil im Wasser.

"Als erstes habe ich geguckt, wie es mir geht", erzählt Langer. Prellungen und einige Schnittwunden, mehr nicht. Mit der Faust schlug er die Heckscheibe ein, um aus dem Bus hinaus zu klettern. "Ich habe zwei junge Mädchen rausgeschleppt und hochgetragen", schildert der Wuppertaler. Nachdem er sich am Unglücksort umgesehen hat, steigt Marcel in einen Bus der Linie 626 und fährt nach Hause.