Mächtiger Pharao Ramses II. in Karlsruhe: Der mit den Göttern spricht
Karlsruhe (dpa) - Er war der wohl mächtigste Pharao und ein bedeutender Bauherr, er wurde als Gottheit verehrt und schloss vor über 3000 Jahren den ersten überlieferten Friedensvertrag der Weltgeschichte: Ramses II.
Gegen ihn war Tutanchamun ein vergleichsweise kleines Licht - das aufgrund der Aufsehen erregenden Funde in seinem Grab aber umso heller leuchtete. 40 Jahre nach der spektakulären Ramses-Schau in Paris wird nun dem Erbauer der Felsentempel von Abu Simbel die erste große deutsche Einzelausstellung gewidmet.
Unter dem Titel „Ramses - Göttlicher Herrscher am Nil“ stellt das Badische Landesmuseum in Karlsruhe den Meister der Selbstdarstellung vor. Weil sein Leichnam wegen Grabräubern immer wieder umgebettet wurde, konnte Ramses der Große die Nachwelt zwar nicht mit einem Prachtgrab wie Tutanchamun begeistern. Kurator Lars Petersen zeigt in der Schau aber, wie Ramses II. das Land am Nil prägte und inwiefern die spätestens seit dem Napoleon-Feldzug nach Europa übergeschwappte Ägypten-Begeisterung gerade auch mit ihm zu tun hat - anhand von rund 260 hochkarätigen Exponaten europäischer Museen, die von diesem Samstag an bis bis zum 18. Juni nächsten Jahres im Karlsruher Schloss zu sehen sind.
Vom Selbstverständnis des Ramses (um 1303 bis 1213 v. Chr.) kündet schon das in Terrakotta-Farben gehaltene Entrée mit Zeitleiste und Karte. Es soll den Besucher ins Innere des Tempels von Abu Simbel versetzen: Eine überlebensgroße Granit-Standfigur aus dem Museo Egizio in Turin dokumentiert die kolossale Bildsprache des Pharaos, der seine Legitimität direkt vom Sonnengott Amun-Re ableitete. „Amun-Re selbst zog mich von meiner Kindheit bis zum Zeitpunkt, als ich Herrscher wurde, groß. Er übergab mir das Land, als ich noch im Ei war“, hat Ramses in Stein meißeln lassen.
Illuminierte Fadenvorhänge deuten im nächsten Raum einen Säulensaal an, in dem ein Highlight der Schau steht: die beeindruckende, über drei Meter hohe Ramses-Büste. Es ist der einzige Gips-Abzug des über sieben Tonnen schweren Granit-Originals aus dem Ramesseum, dem von Ramses erbauten Kulttempel in Theben. Doch es geht noch größer: Die Riesen-Faust aus dem British Museum gehört zu einer ehemals 15 Meter hohen Statue, die 1799 von Franzosen entdeckt wurde. Fast bescheiden wirkt da eine Ramses-Figur auf goldenem Palastboden - so wie es ihn in der Ramses-Hauptstadt Pi-Ramesse gegeben haben soll.
Jenseits der Kolosse erzählen Stelen, winzige Skarabäus-Glücksbringer und Reliefs wie ein farbenprächtiges Exemplar aus dem Louvre von der Verehrung dessen, „der mit den Göttern spricht“. Erstmals zu sehen ist eine aus zwei Fragmenten zusammengesetzte Tafel mit sieben Göttinnen, deren zwei Teile zuvor getrennt in London sowie in Hannover aufbewahrt wurden.
Als Pharao war Ramses der Sohn Gottes. Doch er war auch Mann. Der fast 90-Jährige hatte etliche Frauen und schätzungsweise an die 100 Kinder. Nur einige haben Spuren hinterlassen. Vom Leben der Wein trinkenden Oberschicht künden dafür zahlreiche Gefäße, Schmuck, Schminkutensilien, ein Holzhocker, eine Katzenmumie und auch der reich verzierte Sargdeckel der Sängerin Takait. Karger ging es bei den einfachen Leuten zu: Von ihnen sind zum Beispiel getrocknetes Obst, Bierkrüge sowie ein Babyfläschen erhalten.
66 Jahre herrschte Ramses über Ägypten, so lange wie kein anderer Pharao - eine Zeit, in der er sein Land in eine kulturelle Blüte und zu wirtschaftlichem Reichtum führte, wie Museumschef Eckart Köhne feststellt. Eine für die Karlsruher Schau entworfene virtuelle Rekonstruktion zeigt, wie die Residenzstadt Pi-Ramesse im östlichen Nildelta ausgesehen haben könnte - mit ihren Villen, Tempeln, Gärten und Stallungen der königlichen Streitwagentruppe. „Kaum ein König hat so viele Bauwerke hinterlassen wie er. Die Forschung hat längst nicht alles erfasst“, sagt der Ägyptologe Christian Bayer, Kurator am Hildesheimer Roemer- und Pelizaeus-Museum.
Voraussetzung dafür war ein Frieden, den Ramses 15 Jahre nach der propagandistisch zu seinen Gunsten aufgebauschten Schlacht bei Kadesch mit den Hethitern schloss. In Karlsruhe gibt es dazu zwei Aufzeichnungen auf Papyrus. Die Schlacht im Jahr 1274 v. Chr. auf dem Gebiet des heutigen Syrien wird anhand einer animierten riesigen Reproduktion eines Reliefs aus Abu Simbel veranschaulicht. Der spätere Friedensvertrag, der auch Unterstützung des Partners bei einem Angriff vorsah, ging als ältester in die Weltgeschichte ein. Eine Kopie davon liegt im UN-Hauptgebäude in New York. Die Original-Fragmente einer Abschrift in der Keilschrift der Hethiter sind in der Ausstellung in Karlsruhe.