Raser schütteln 24 Streifenwagen und einen Hubschrauber ab
Düsseldorf (dpa) - Nicht lang nach Mitternacht, Düsseldorfer Norden: Einer Polizeistreife sticht ein verdächtiger schwarzer Wagen ins Auge. Als die Beamten ihn kontrollieren wollen, gibt der Fahrer mächtig Gas.
Was dann folgt, verdient das Prädikat „filmreif“.
Zwei Stunden lang jagen mindestens 24 Polizeiwagen und ein Hubschrauber den vermutlich über 400 PS starken Wagen über die Autobahnen im Rheinland. Am Ende schaffen es die Flüchtigen in die Niederlande. Dort verliert sich ihre Spur.
Als ginge es darum, so viele Autobahnen wie möglich zu befahren, hetzen die Unbekannten in einer großen Schleife über die Autobahnen 57, 46, 43, 44, 40, 61 und 52. Im niederrheinischen Elmpt geht es schließlich über die Grenze auf die niederländische A73. Dort nehmen mehrere niederländische Polizeiwagen die Verfolgung auf, der Wagen fährt ihnen aber davon.
„Wir haben ihn wegen seiner hohen Geschwindigkeit verloren“, muss ein Sprecher der Polizei Roermond einräumen. Der Wagen sei zu diesem Zeitpunkt „ohne Licht und ohne Nummernschilder“ gefahren. Immerhin: Verletzt wird bei der riesigen Raserei niemand. Unbeantwortet bleiben vorerst die Fragen: Saß ein Fahrer oder eine Fahrerin am Steuer? Wer waren die anderen mindestens zwei, vielleicht auch drei Insassen im Wagen, die laut Polizei teils maskiert waren? Und: Warum flohen sie auf Teufel-komm-raus?
Die Insassen finden während der wilden Fahrt sogar noch Zeit, ihren Boliden nachzutanken. Eine Sprecherin der Polizei Düsseldorf bestätigt einen Bericht der „Bild“, nach dem der Wagen während der Verfolgung anhielt und mit einem mitgeführten Benzinkanister betankt wurde.
Auch die Auf- und Abfahrten seien ordnungsgemäß benutzt worden, heißt es von der Polizei Düsseldorf. Zu Beginn der Hatz hatte der Wagen auch noch Nummernschilder: Die Kennzeichen aus Bad Ems waren vergangenen Monat allerdings als gestohlen gemeldet worden.
Wie schnell der Oberklasse-Wagen zwischenzeitlich unterwegs war, will ein Polizeisprecher nicht sagen. Die normalen Fahrzeuge der Polizei für die Stadt hätten 140 PS, die der Autobahnpolizei 170 PS, und man habe auch Zivilfahrzeuge, die erst bei 250 Stundenkilometern abregelten. Der Sprecher begründete den Misserfolg der Verfolgung eher mit dem Autobahn-Labyrinth im Ruhrgebiet und Rheinland: „Ein so dichtes Autobahnnetz ermöglicht es, schnell die Autobahn zu wechseln.“ Es sei schwierig vorauszusehen, wo der nächste Polizeiwagen zum Abfangen bereitstehen müsse.
Die Gewerkschaft der Polizei in NRW warnt davor, sich eine polizeiliche Verfolgung mit Straßensperren und Nagelteppichen vorzustellen wie in amerikanischen Filmen. „Der Schutz von Menschenleben hat Vorrang vor dem Festhalten eines Tatverdächtigen“, sagt Sprecher Stephan Hegger. Wichtig sei zuerst, „keinen Polizisten, keine Unbeteiligten und auch den, den Sie verfolgen, nicht zu gefährden“.
Die Strategie sei stattdessen, mit den eigenen Einsatzkräften abwechselnd an den Fahrzeugen dranzubleiben und darauf zu setzen, dass die Fahrer irgendwann in eine Verkehrssituation kämen, die sie zum Langsamerfahren zwinge, dass ihnen der Sprit ausgeht oder darauf, dass sie müde würden und aufgeben müssten. Dass das mal nicht aufgehe, „das passiert, es ist ärgerlich, aber wenn Sie keine Menschenleben gefährden wollen, ist das der Preis, den Sie manchmal zahlen“.