Rechtspopulisten in Dormagen: Eine ganze Stadt ist lahmgelegt
Aus Sorge vor Rechtspopulisten und ihren Gegnern steht am Freitag in Dormagen alles still.
Dormagen. Straßensperren, verkürzte Öffnungszeiten, geschlossene Arztpraxen: Eine Kleinstadt ist im Ausnahmezustand. Im Rahmen des sogenannten "Anti-Islamisierungskongresses" in Köln hat die vom Verfassungsschutz beobachtete Gruppierung Pro NRW für Freitag zusätzlich im Dormagener Zentrum eine Kundgebung angemeldet.
Zum Unmut der gesamten Stadt, denn dort steht das öffentliche Leben ab 13 Uhr still. Der Innenstadt-Bereich wird für den Straßenverkehr großräumig abgesperrt, die Mitarbeiter der Stadtverwaltung und der Bibliothek stehen nicht mehr zur Verfügung.
Sämtliche Parkhäuser schließen ab 14 Uhr, und auch auf dem außerhalb liegenden Schützenplatz kann niemand seinen Wagen abstellen, denn die Fläche wird von der Polizei benötigt, die laut einer Mitteilung "mit einer hohen Anzahl von Beamten präsent sein wird".
Auf dem Schützenplatz sollte an diesem Wochenende der Zirkus Traber gastieren. Der baut seine Zelte jetzt im Nachbarort auf. Nicht nur er wird von Geldeinbußen betroffen sein. Auch die Händler des Wochenmarkts müssen mit weniger in der Kasse rechnen.
Sie schließen ihre Stände früher - und außerdem wollen viele Dormagener die City am Freitag komplett meiden. "Alles, was ich benötige, habe ich schon gestern gekauft. Ich gehe kein Risiko ein", sagt Hannah Schneider.
Auch die Geschäfte rund ums Rathaus - auf der Haupteinkaufsstraße von Dormagen - schließen am Mittag. Um die Eingänge zu schützen, werden um das Einkaufszentrum Rathausgalerie zudem Wachleute postiert. Auch die Schaufenster bekommen Schutz.
"Wir werden Bauzäune aufstellen", sagt Hans-Dieter Lehnhoff, Geschäftsführer des Kaufhauses RingCenter. "Gut finden wir das Ganze nicht, aber was sollen wir machen?"
Die Kundgebung kann man der Gruppierung nach dem Versammlungsrecht nicht verbieten. Und so werden am Freitagnachmittag rund 100 Anhänger der rechtspopulistischen Gruppe am Rathausplatz erwartet.
Und wo die Rechten sind, da sind ihre Gegner nicht weit: Nur eine Querstraße davon entfernt, am Marktplatz, ist für dieselbe Zeit eine Gegendemonstration des "Dormagener Bündnis gegen Rassismus" angekündigt. Dafür haben sich laut Polizei 450 Teilnehmer angemeldet.
Wie werden die Kundgebungen verlaufen? "Das wissen wir nicht, aber wir sind auf alles vorbereitet", sagt Hans-Willi-Arnold, Sprecher der Polizei im Rhein-Kreis Neuss. Federführend für den Pro-NRW-Einsatz an diesem Wochenende ist die Kölner Polizei. Und die nimmt diese Aufgabe sehr ernst.
Mehr als 5.000 Beamte aus dem gesamten Bundesgebiet werden an den Versammlungsorten in Köln, Leverkusen, Leichlingen, Bergheim und Dormagen in Aktion sein. Notfalls werde man auch Wasserwerfer einsetzen, um Unbeteiligte zu schützen. "Gegen Gewalttäter werden wir entschlossen durchgreifen", sagt der Kölner Polizeipräsident Klaus Steffenhagen.
"Ich hoffe, dass es in Dormagen gar nicht erst so schlimm wird. Aber ich ärgere mich darüber, dass wir uns überhaupt so viele Sorgen machen müssen", sagt Petra Plewka. Die Inhaberin eines Kosmetikstudios wurde durch Flugblätter, die Polizeibeamte vor wenigen Tagen verteilt haben, auf die Demos aufmerksam gemacht. Sie hat Kundentermine für Freitag verschoben.
Damit ist sie nicht allein. Auch Frisörsalons und Arztpraxen mussten umplanen. "Das geht zu weit", sagt Petra Plewka. "Warum müssen solche Kundgebungen in der Innenstadt stattfinden, warum nicht auf den Rheinwiesen?" fragt sie. "Besonders bei Rechts- oder Linksextremen kann ich das nicht verstehen. Da ist die Politik gefragt."