Riechen — ohne zu verduften

Biologe Thomas Boehm und sein Team haben den perfekten Duft zur Partnerwahl gefunden. Wer müffelt, hat es weiter schwer.

Freiburg. Ein Parfüm, dem niemand widerstehen kann: Noch ist es bloß ein Wunschtraum von Verliebten. Tatsächlich ist der Geruch für die Partnerwahl unverzichtbar. Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Immunbiologie und Epigenetik in Freiburg haben nun das perfekte Parfüm im Labor hergestellt.

Herr Boehm, kennen Sie den Roman „Das Parfum“?

Thomas Boehm (lacht): Na klar!

Er handelt von einem Mann, der für den perfekten Duft über Leichen geht — und am Ende Menschen damit kontrolliert. Ist das mehr als Spinnerei?

Boehm: Das ist Quatsch, denn es gibt kein Parfüm für alle. Jeder verfügt über eine ganz individuelle Auswahl an Immun-Genen und versprüht deshalb einen ganz eigenen Duft. Ein für alle gültiges Parfüm gibt es nicht.

Immun-Gene und Körperduft — das müssen Sie erklären.

Boehm: Im Tierreich — und dazu gehören wir ja — ist es nötig, dass sich eine Population möglichst gut gegen vorhandene und neue Krankheitserreger schützt. Es macht also keinen Sinn, wenn der Partner die gleiche Immunausstattung hat wie man selbst. Bei der Partnerwahl spielen Düfte eine große Rolle, weil sie unbewusst etwas über unser Immunsystem verraten.

Sie haben einen synthetischen Duft zur Partnerwahl entwickelt. Was ist das genau?

Boehm: Als Grundlagenforscher interessiert uns der Mechanismus, durch den Menschen die Immunausstattung eines möglichen Partners erkennen — das geht über den Geruch. Hat man diesen Mechanismus verstanden, kann man Bestandteile des Duftes künstlich herstellen und so den Eigengeruch verstärken.

Manche Menschen verstärken ihren Eigenduft auch, indem sie kein Deo verwenden. Die Resonanz ist meist weniger positiv . . .

Boehm: Die Gerüche überlagern sich natürlich. Wenn der Körperschweiß nach einer Weile von Bakterien zersetzt wird, gibt es unangenehme Begleitdüfte. Die haben aber mit dem eigentlichen Signal-Duft nichts mehr zu tun — dann stinkt man nur noch.

Welches Wässerchen wirkt beim Rendezvous besser: aus der Parfümerie oder aus Ihrem Labor?

Boehm: Das ist extrem schwer zu sagen, weil wir das noch nicht untersucht haben. Es ging erst einmal darum, die Wahrnehmung überhaupt zu beweisen.

Also müssen wir weiterhin flirten?

Boehm: Die Frage ist doch eher, ob wir die tierischen Stoffe, die sich heute in käuflichen Parfümen befinden, ersetzen können. Denn viele reagieren allergisch auf diese Stoffe. Unsere genau definierten Ersatzstoffe könnten da helfen.

Kann man das Duftempfinden auch manipulieren — so dass plötzlich jemand gut riecht, den man vorher als eklig empfand?

Boehm: Das glaube ich nicht. Legt man sich einen fremden Duft auf, wird er mit dem natürlichen Körpergeruch nicht harmonieren, und das wird sich über kurz oder lang bemerkbar machen.

Wann gibt’s Ihr Parfüm im Laden?

Boehm: Unsere biologischen Prinzipien können später einer Anwendung zugeführt werden, weshalb unsere Verwertungsgesellschaft bereits ein Patent darauf angemeldet hat. Witzigerweise gibt es wirklich schon ein paar Interessenten.

Am Ende von „Das Parfum“ wirkt die Substanz so stark, dass der Protagonist von anderen verspeist wird. Kann das auch mit Ihrem Wässerchen passieren?

Boehm (lacht): Da müssen Sie sich keine Sorgen machen, weil es ja nur den Eigengeruch verstärkt. Die Dosis spielt kaum eine Rolle, wenn es darum geht, ob jemand den Duft mag oder nicht — da heißt es „alles oder nichts“.