Roben-Recycling: Mode-Debatte um die Kanzlerin
Bayreuth (dpa) - In Kleiderfragen setzt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im Alltag aufs Praktische - Hosenanzüge, Blazer, bequeme Schuhe. Und bei festlichen Anlässen?
Bei der Eröffnung der Bayreuther Festspiele trug sie augenscheinlich das gleiche Kleid im dunklen Türkiston wie 2008 bei ihrem Opernbesuch am Grünen Hügel. Das Bundespresseamt äußerte sich dazu nicht, das sei eine Privatangelegenheit der Kanzlerin, hieß es am Donnerstag.
Darf sie das - ein Kleid zweimal in der Öffentlichkeit tragen? Ja, finden viele Internetnutzer in den Kommentaren etwa bei Facebook. Dort hieß es beispielsweise, eine Kanzlerin sei ja schließlich keine Modepuppe. Und in Zeiten von Sparzwängen in öffentlichen Haushalten ist so ein Outfit vielleicht sogar angebracht? Schließlich hat Merkel in der EU längst den Ruf einer eisernen Sparkommissarin weg. War das Roben-Recycling etwa eine bewusste Botschaft an all die Menschen, die ihre Mahnungen zur Haushaltsdisziplin kritisieren? Oder will Opern-Fan Angela Merkel darauf hinweisen, dass es sowohl in Bayreuth als auch in Salzburg schließlich um die Kunst gehen soll - und nicht um Haute Couture auf dem roten Teppich?
Die Chefredakteurin der „Bunten“, Patricia Riekel, hat wenig Verständnis für die Debatte: „Die Kanzlerin ist ja kein Filmstar, sondern Politikerin. Und als Politikerin kann man ein Kleid durchaus öfters tragen, auch wenn es einen starken Wiedererkennungswert hat wie in diesem Fall“, sagte sie der Nachrichtenagentur dpa. „Das Problem haben ja alle Frauen, die in der Öffentlichkeit stehen: da kauft man sich ein Abendkleid, soll man das wirklich nur ein oder zwei Mal anziehen?“
Es ist es nicht die erste Debatte, die um die Kanzlerinnen-Robe geführt wird. In Salzburg rümpfte vor zwei Jahren manches High-Society-Mitglied die Nase, als die deutsche Regierungschefin in einem fliederfarbenen, zweiteiligen Ensemble auftrat, das in dieser Form auch schon 2007 in Bayreuth und 2008 in Salzburg gesehen worden war.
Dabei befindet sich die 58-Jährige mit ihrer Kleiderwahl in guter Gesellschaft. Wenn beispielsweise Kate Middleton, die junge Ehefrau des britischen Prinzen William, zweimal oder gar mehrmals ein Designerteil ausführt, wird das in der englischen Presse meist lobend erwähnt. Umsicht bei der Garderobenwahl statt modischer Dekadenz in Zeiten der Wirtschaftskrise - die Royals können damit punkten. Königin Elizabeth sei bekannt dafür, dass sie ihre Kleider mehrmals trage, schrieb die Zeitung „Daily Mail“ anerkennend.
Das Blatt zeigte dazu Fotos von einem gelben Ensemble mit passendem Hut, das die Monarchin sowohl bei der Hochzeit von Kate und William im April 2011 als auch einige Monate später bei einem Besuch in Australien getragen hatte. Bei Kate illustrierten ein blauer Mantel, ein grünes Kleid oder auch ein rosa Outfit, dass die 30 Jahre alte Herzogin von Cambridge offenbar nicht für jeden offiziellen Anlass eine extra Shoppingtour macht und unbedingt vermeiden will, den Ruf eines Modepüppchens zu bekommen. Extrapunkte sammle sie damit, hieß es in der „Daily Mail“.
Neben dem Déja-vu bei Merkels Kleid gab noch ein weiteres Detail ihres Outfits Anlass zu Diskussionen: Deutlich waren hautfarbene Seidensöckchen zu erkennen, die sie an den Füßen trug. Auch hier stand wohl der Aspekt des Praktischen und des Bequemen im Vordergrund - jede Frau weiß, wie schmerzhaft Druckstellen sind, die schnell entstehen, wenn man barfuß in die Pumps geschlüpft ist. Und eine Strumpfhose ist bei Temperaturen von mehr als 30 Grad ziemlich lästig. Aber eigentlich hat hier die Modeindustrie schon lange Abhilfe geschaffen - mit sogenannten Füßlingen in der Form und Größe von Ballerinas. Diese Mini-Söckchen wären nicht außerhalb des Schuhs zu sehen gewesen.