Rodungen im Hambacher Wald - Polizei und Aktivisten liefern sich Scharmützel
Am Tagebau Hambach kreischen die Sägen. Teils vermummte Braunkohlegegner wollen die umstrittenen Rodungen stoppen, die Polizei setzt Pfefferspray ein. Die Einsatzkräfte blicken mit Sorge auf rund 200 Waldbesetzer. Nun befasst sich der Landtag mit dem Thema.
Kerpen. Der Konflikt ist unübersehbar: Polizisten, ausgerüstet mit Helmen und Schutzschilden, stehen am Rand des Hambacher Waldes in einer Kette den Braunkohlegegnern gegenüber. In Sicht- und Hörweite machen sich Mitarbeiter des Energiekonzerns RWE mit schwerem Gerät an Bäumen und Sträuchern zu schaffen. Die Aktivisten wollen ins Rodungsgebiet, die Arbeiten aufhalten oder zumindest stören. Drei brechen durch die Polizeikette, werden später zurückgebracht und erhalten einen Platzverweis. Andere halten die Einsatzkräfte mit Pfefferspray auf.
Am Rand des Braunkohletagebaus Hambach haben am Montag die umstrittenen Rodungen im uralten Hambacher Wald begonnen. Die rund 50 Aktivisten warten im Regen hinter der Polizeilinie - viele vermummt, mit hochgezogenen Kapuzen und Schals über der Mundpartie, einige in Tarnkleidung. Nach Polizeiangaben werden Einsatzkräfte und RWE-Mitarbeiter mit Steinen beworfen, ein Polizeifahrzeug wird beschädigt. Die Beamten finden an einer Zufahrt in das Gebiet Nagelbretter mit Seilen, die man über die Fahrbahn hätte ziehen können. Mehrere Hundertschaften sind vor Ort, um RWE-Mitarbeiter und Gerät zu schützen. Der Konzern beginnt in dem Teil des Waldes zu roden, der nicht von Aktivisten besetzt ist.
Die Polizei blickt mit Sorge auf diese rund 200 Waldbesetzer. Viele sind nach ihrer Einschätzung aus der linksautonomen Szene und auch gewaltbereit. Sie leben in rund 35 Baumhäusern und in Zelten in dem Teil des Waldes, der in den nächsten Wochen gerodet werden soll. Die Bezirksregierung Arnsberg hatte laut Polizei die Rechtmäßigkeit der Arbeiten am Montag bestätigt. RWE hat nach eigenen Angaben keinen konkreten Plan, wie weit die Arbeiten pro Tag fortschreiten müssen. „Machen wir uns nichts vor, die Schwierigkeiten werden ja dann kommen, wenn wir in den besetzten Wald reinmüssen. Da ist ja nicht absehbar, was da an Widerstand kommt“, sagte RWE-Sprecher Guido Steffen. Die Arbeiten werden nach seiner Einschätzung Wochen dauern.
Ein Großteil des Waldes ist bereits in den vergangenen Jahren für den Tagebau Hambach gerodet worden. Doch nach den jetzigen Fällarbeiten werde von dem besonderen Charakter des Waldes nicht mehr viel übrig sein, begründete Aachens Polizeipräsident Dirk Weinspach unlängst die hohe Emotionalität. Das Verwaltungsgericht Köln hatte die Rodungen am vergangenen Freitag in erster Instanz erlaubt. Dieses Urteil schaffe weitere Planungssicherheit, hieß es bei RWE: „Der Tagebaubetrieb kann und wird unverändert weiterlaufen.“
Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) in NRW wollte unterdessen weitere Hebel in Bewegung setzen, um die Rodungen auf juristischem Weg doch noch zu stoppen. Der nordrhein-westfälische Landtag wird sich an diesem Donnerstag in einer Aktuellen Stunde mit dem Hambacher Wald befassen. Die Grünen fordern die Landesregierung auf, eine „einvernehmliche Lösung“ herbeizuführen. Auf die Rodungen des Waldes solle verzichtet werden, „bis auf Bundesebene über den Kohleausstieg entschieden ist“.
Die Bundesvorsitzende der Grünen, Simone Peter, forderte die schwarz-gelbe Landesregierung auf, zu intervenieren. „Obwohl Kölner Hambach-Urteil noch nicht rechtskräftig ist, schafft RWE schon Fakten“, twitterte sie. Auch die Linken forderten den Energiekonzern auf, die Rodungen auszusetzen. „Das, was da im Hambacher Forst stattfindet, ist durch die Rechtslage eindeutig gedeckt“, sagte dagegen RWE-Sprecher Steffen.