RTL: Gericht rügt heimliche Aufnahmen

RTL hätte in der Praxis eines Arztes nicht filmen dürfen.

Düsseldorf. Eine Recherche hat dem Kölner Sender RTL Ärger vor Gericht eingebracht: Ein Redaktionsmitglied des Magazins "RTL extra" hatte in der Praxis eines Düsseldorfer Arztes heimlich eine Kamera laufen lassen. Es sollte demonstriert werden, wie schnell Mediziner Psychopharmaka verschreiben.

Die Journalistin hatte sich gegenüber dem Arzt als Patientin ausgegeben, die unter starker Nervosität leidet. Durch ihre Klagen animierte sie den Arzt schließlich, ein starkes Beruhigungsmittel zu verschreiben - laut RTL ohne "vorhergehende medizinische Untersuchung".

Der Report trug später den schmissigen Titel: "Drogen am Arbeitsplatz". Zufällig sah sich der Arzt den Beitrag später an - und war völlig fassungslos, als er sich und seine eigene Praxis wiedererkannte.

Das Düsseldorfer Landgericht kam nun in einer Eilentscheidung zum Schluss, dass RTL mit den heimlichen TV-Aufnahmen gegen das Persönlichkeitsrecht verstoßen habe. Die Redaktion sei ungenehmigt in die Privatsphäre des Arztes vorgedrungen.

Das Gericht erließ eine Einstweilige Verfügung. Danach wird eine Ordnungsstrafe in Höhe von 260.000 Euro fällig, falls der Privatsender erneut Aufnahmen in dieser Praxis macht. In der Begründung heißt es zum Vorgehen von RTL: Es verstößt "gegen die Menschenwürde des Betroffenen, wenn er zum Objekt eines anderen gemacht wird, indem er gegen seinen Willen gefilmt wird".

Der Anwalt des Arztes sagt, von der Gerichtsentscheidung werde "Signalwirkung" ausgehen. Recherche mit versteckter Kamera ist in vielen TV-Magazinen gängige Praxis.

Der Anwalt bemängelte vor Gericht, dass RTL Bild und Ton der Aufnahme nicht genügend verfremdet habe. Einzelne Praxisbereiche seien erkennbar gewesen, dazu habe man den Arzt anhand seiner Stimme identifizieren können. Außerdem sei die Behandlungsmethode des Arztes in einen "reißerischen Zusammenhang" gestellt worden.

"Es wurde der unzutreffende Eindruck erweckt, dass der Arzt leichtfertig abhängig machende Psychopharmaka verschreibt." Das verzerre die Tatsachen: Der Mediziner habe der Patientin zuvor mehrere alternative Behandlungsmethoden ihrer Nervosität empfohlen wie autogenes Training oder eine Betablocker-Therapie.

RTL will gegen die Einstweilige Verfügung Widerspruch einlegen. Der Arzt und seine Praxis seien ausreichend verfremdet worden, erklärte Pressesprecherin Heike Schultz. Damit habe man die Privatsphäre, in der sich der Arzt in seinem Behandlungszimmer laut juristischer Definition befindet, ausreichend geachtet. Von dem Urteil will sich der Sender nicht beeinflussen lassen. "Wir werden unsere Recherchemethoden künftig nicht ändern."