Ruhig bleiben: Kinder meistern die Einschulung alleine

Speyer (dpa/tmn) - Die vielen Hausaufgaben, stillsitzen und fremde Kinder: Manche Eltern fragen sich, ob Sohn oder Tochter dem schon gewachsen ist. Bei der Beantwortung können Erzieher und Schulpsychologen helfen.

Der alte Spruch stimmt: Mit der Schule beginnt der Ernst des Lebens. Allerdings nicht für die Kinder, sondern für deren Eltern. Sie beschäftigt vor allem die Frage: „Ist mein Kind überhaupt reif für die Schule?“

Pauschal lässt sich das nicht beantworten, dennoch rufen Fachleute Eltern zur Gelassenheit auf: „90 bis 95 Prozent der Sechsjährigen meistern den Schuleintritt ohne Probleme“, sagt der Schulpsychologe Arnd Ridder vom Schulpsychologischen Landesinstitut Rheinland-Pfalz in Speyer. Die Unruhe von Eltern ist trotzdem groß.

In manchen Bundesländern werden Kinder - je nach Geburtstermin - schon mit fünfeinhalb eingeschult, woanders gibt es sogenannte „Kann-Kinder“, bei denen die Einschulung früher oder später erfolgt. Doch wie finden Eltern überhaupt heraus, was das Richtige für ihr Kind ist?

„Das ist nicht allein ein Job der Eltern“, sagt Arnd Ridder, „dafür gibt es Fachleute“. Eine entscheidende Rolle bei der Beurteilung spielen Erzieher der Kindertagesstätten oder Kindergärten. Mit ihnen sollte regelmäßig über die Entwicklung der Kinder gesprochen werden.

In Nordrhein-Westfalen durchlaufen Kinder schon zwei Jahre vor ihrem Einschulungstermin einen wichtigen Test: Delfin4 - die Zahl steht für das Alter. Die Dortmunder Professorin für Pädagogik, Lilian Fried, hat ihn entwickelt und betont: „Bei der Schulfähigkeit eines Kindes spielt Sprache eine entscheidende Rolle.“

Checklisten nach dem Motto „Was ein Vorschulkind alles können sollte“ sieht Fried kritisch: „Wichtiger ist, dass Eltern, Lehrer und Erzieher gemeinsam an einem möglichst glatten Übergang zur Schule arbeiten.“ Dazu gehört, den Kindern ein realistisches Bild der Schule zu vermitteln, diese vorab zu besuchen und möglichst viel zu besprechen.

Auch Klaus Seifried vom Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP) sagt: „Die Einstellung der Eltern zur Schule ist das Wichtigste überhaupt.“ Seifried ist beim BDP stellvertretender Vorsitzender der Sektion Schulpsychologie. Er empfiehlt, die Kinder vor der Schulzeit spielerisch zu fördern: „Man sollte mit den Kindern das machen, was ihnen Spaß macht: Sport, Musik und Basteln zum Beispiel.“

Lernschwierigkeiten entstehen häufig durch Konzentrationsprobleme: Daran muss gearbeitet werden. „Rückstellung ist kein Selbstzweck“, betont der Speyerer Schulpsychologe Arnd Ridder und verweist darauf, dass es für die Förderung in dem zusätzlichen Jahr vor der Schule einen klaren Fahrplan geben sollte.

Eine wichtige Station vor der Einschulung ist bundesweit die Untersuchung beim Schularzt. Dort steht allerdings die medizinische Beurteilung des Kindes im Vordergrund. Sind Eltern trotz ärztlichem und pädagogischem Okay immer noch unsicher, haben sie die Möglichkeit, mit dem zuständigen Schulpsychologen zu sprechen.

Manche Schulen bieten außerdem Vorklassen an, woanders ist eine flexible Schulanfangsphase üblich, in der Kinder ein, zwei oder drei Jahre bleiben. Doch auch bei einer ganz normalen Grundschule wirbt Schulpsychologe Arnd Ridder für Vertrauen: „Lehrkräfte können in den ersten Jahren viel bewirken.“ Mit guten Pädagogen und gelassenen Eltern ist der Schulstart keine allzu schwierige Hürde.