Ruth Maria Kubitschek : „Wer gut ist, setzt sich durch“

Interview: Ruth Maria Kubitschek über Neuanfänge, die Verfilmung ihres Romans und die Vorteile des Alters.

Salenstein. Irgendwann war es genug mit der Münchner Bussigesellschaft. Ruth Maria Kubitschek lebt seit Jahren in dem Bodensee-Dorf Salenstein. Dort befasst sich die 76-jährige Schauspielerin mit Meditation und Esoterik, malt und schreibt Bücher. Eines davon wurde nun verfilmt: "Das Wunder der Liebe". Ruth Maria Kubitschek spielt darin eine ältere Dame, die nach dem Tod ihres Freundes auf der griechischen Insel Santorin ein neues Leben beginnt.

Frau Kubitschek, "Das Wunder der Liebe" ist das erste Ihrer Bücher, das verfilmt wird. Sie schreiben aber schon seit Jahren.

Kubitschek: Ja, seit dem Reaktor-Gau von Tschernobyl. Die Erkenntnis, dass wir mit einer tödlichen Energie leben, hat mich damals tief erschüttert. Deshalb habe ich angefangen, Märchen zu schreiben, denn Märchen sprechen das Kind im Menschen an. Ich dachte mir, ich erreiche wohl am meisten, wenn ich schreibe, wie kostbar eine Blume ist oder ein Baum - und dass wir mit viel mehr Rücksicht mit diesem Planeten und seinen Ressourcen umgehen müssen.

Und was haben Sie erreicht?

Kubitschek: Ich habe natürlich nicht die Welt gerettet, aber ich habe damals auch versucht, mein ganzes Leben zu ändern. Ich bin in ein Dorf in der Schweiz gezogen und versuche seitdem, weniger zu verbrauchen, etwas bescheidener und einfacher zu leben.

Und welche Botschaft wollen Sie mit dem "Das Wunder der Liebe" vermitteln?

Kubitschek: Die Botschaft ist, dass man sich nach keinem Schicksalsschlag, und sei er noch so schlimm, aufgeben darf. Man muss nach einer Phase der Trauer bereit sein, den Schmerz loszulassen und neu anzufangen, dadurch tun sich Türen im Leben auf.

Sie selber mussten in Ihrem Leben einige Neuanfänge wagen - etwa als Sie 1945 aus Ihrer böhmischen Heimat fliehen mussten oder als sie 1958 aus der DDR in die Bundesrepublik übersiedelten.

Kubitschek: Ja, und ich kann aus Erfahrung sagen, dass es nie schlechter wurde, sondern jedes Mal besser. Deshalb möchte ich den Zuschauerinnen Mut machen, ein neues Leben anzufangen - sich von Dingen zu trennen, die nicht in Ordnung für sie sind, denn solche Dinge können einen ja krank machen.

Ist es nicht auch ein Film gegen Altersdiskriminierung? An einer Stelle sagt die von Ihnen gespielte Elisabeth zu ihrer Tochter: "Hör auf, von meinem Alter zu reden, als wäre es eine Behinderung."

Kubitschek: Dieser Satz ist zwar nicht von mir, sondern von der Drehbuchautorin, die meinen Roman bearbeitet hat, aber er ist sehr gut.

Haben Sie selber schlechte Erfahrungen gemacht?

Kubitschek: Immer wieder. Es ist ein Problem von mangelndem Respekt, die Kinder müssen lernen, dass die Eltern nicht bekloppt sind. Ich glaube, dass das Ganze vor allem in Europa ein Problem ist. Bei uns glauben viele, dass ältere Leute für nichts mehr zu gebrauchen sind. Dabei hat der ältere Mensch doch viel mehr Erfahrung, mehr Gleichmut, mehr Gelassenheit. Und gerade in herausgehobenen Positionen ist das doch wichtig, da kannst du mit jugendlichem Elan viel verderben.

Viele Schauspielerinnen beklagen, ab einem bestimmten Alter keine guten Rollenangebote mehr zu bekommen...

Kubitschek: Ganz großer Quatsch. Christiane Hörbiger, Gaby Dohm, Gila von Weitershausen, Senta Berger und ich - wir sind alle nicht mehr taufrisch, und wir haben alle viel zu tun. Wer gut ist, setzt sich immer durch. Ich arbeite viel, ich habe ein Pensum, das würden viele junge Menschen nicht schaffen.

Zur Person Ruth Maria Kubitschek wurde am 2. August 1931 im tschechischen Komotau geboren. Aus ihrer geschiedenen Ehe mit Götz Friedrich hat sie einen Sohn. Seit 30 Jahren ist sie mit dem Produzenten Wolfgang Rademann liiert.

zur Karriere Als Fernsehleiche wurde sie 1966 in dem Durbridge-Krimi "Melissa" bekannt. Als Darstellerin in den Serien "Monaco Franze", "Kir Royal" und "Das Erbe der Guldenburgs" schrieb sie Fernsehgeschichte.