Schauspieler in der Armutsfalle
Stars wie Mario Adorf oder Veronica Ferres streichen zwar Spitzengagen ein, doch viele Darsteller halten sich nur mit Müh und Not über Wasser.
Berlin. Mario Adorf, Veronica Ferres oder Maria Furtwängler haben nicht wirklich Grund zur Klage: Als waschechte Publikumslieblinge und Quotenbringer können sie von der Schauspielerei richtig gut leben. Für Spitzenkräfte wie die Genannten, zu denen auch Götz George, Iris Berben und noch ein paar andere gehören, zahlen Produktionsfirmen laut Schätzungen Gagen zwischen 10 000 und 15 000 Euro — pro Drehtag wohlgemerkt.
Doch die Stars, die jeder kennt, sind die Ausnahme in der Film- und Fernsehbranche: Die meisten der rund 5000 Schauspieler, die in Deutschland für Film und Fernsehen arbeiten, halten sich in Zeiten gekürzter Produktionsbudgets für Spielfilme und Serien mit Müh und Not über Wasser, viele können von ihrem Beruf nicht leben und müssen nebenher kellnern, Taxi fahren oder sich sonst irgendwie durchs Leben schlagen.
„68 Prozent der Film- und Fernsehschauspieler verdienen unter 30 000 Euro im Jahr, 55 Prozent sogar weniger als 20 000 Euro“, sagt Hans-Werner Meyer von der Schauspielergewerkschaft BFFS.
Die 2006 gegründete Interessensvertretung hat Schulter an Schulter mit der Gewerkschaft Verdi nach zähen Verhandlungen Ende vergangenen Jahres den ersten Tarifvertrag für Darsteller ausgehandelt.
Der Tarifvertrag garantiert Berufsanfängern eine Einstiegsgage von 750 Euro pro Drehtag, erfahrene Nebendarsteller können auch mal zwischen 1000 und 3000 Euro pro Tag verdienen — vor Steuern und Abgaben, versteht sich. Das Problem: Die wenigsten Schauspieler bekommen in einem Jahr so viele Drehtage zusammen, dass sich ihr Beruf wirklich lohnt, viele bringen es gerade mal auf 20 Drehtage im Jahr.
Dazu kommt, dass die Vorbereitungszeit, die ein Darsteller etwa zum Textlernen investieren muss, nicht extra honoriert wird. „Wer glaubt, 1000 bis 2000 Euro Gage pro Tag sei zu viel, macht sich nicht klar, dass diese Summe sämtliche Vorbereitungszeiten und Provisionen für Agenten abdecken muss“, sagt Hans-Werner Meyer, der seit Jahren mit Vehemenz auf die Nöte seiner Berufskollegen hinweist.
Er selber ist seit rund 20 Jahren gut im Geschäft, der 50-Jährige hat schon in vielen Filmen mitgespielt und verkörpert in der ZDF-Krimiserie „Die letzte Spur“ den Berliner Kommissar Oliver Radek.
Hans-Werner Meyer kann von seinem Beruf leben, andere müssen schauen, wie sie über die Runden kommen — der ehemalige „Lindenstraße“-Star Christian Kahrmann etwa betreibt ein Café in Berlin. „Der Schauspielberuf ist der schönste der Welt — den man nicht weiterempfehlen kann“, sagt der Mann, der früher Benny Beimer war.
Dazu kommt, dass viele Schauspieler wegen ihrer unsteten Beschäftigung keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld haben und nur mit geringen staatlichen Renten rechnen können. So stehen der aus der Serie „Praxis Bülowbogen“ und vielen Filmen bekannten Eleonore Weisgerber nach 45 Jahren Arbeit monatlich 887 Euro Rente zu, die 67-Jährige legte deshalb Einspruch gegen ihren Rentenbescheid ein.
„Das kommt dabei heraus, wenn Schauspieler nicht über den gesamten Drehzeitraum, sondern nur für einzelne Drehtage engagiert werden“, sagt Weisgerber resigniert.