Schmidt kuschelt wieder mit Sat.1

Der Nachttalker verlässt nach fast sechs Jahren die ARD, die ihm keine allzu großen Tränen nachweinen dürfte.

Köln. Das ist gute Schmidtsche Tradition. Der Mann kehrt am Donnerstag nach einer ausgedehnten Sommerpause ins ARD-Programm zurück und lässt vorher einen ordentlichen Böller los: Harald Schmidt kehrt dem Ersten den Rücken. Der TV-Unterhalter geht zurück zum Privatsender Sat.1. Passenderweise hatten sich die ARD-Intendanten gerade zu ihrer Tagung über ein neues Abend-Sendeschema ab Herbst 2011 zusammen gesetzt, als der 53-Jährige die Nachricht in die Welt blies.

Bei Sat.1 soll er ab September 2011 zweimal wöchentlich mit der "Harald-Schmidt-Show" um 23.15Uhr auf Sendung gehen. Der Vertrag läuft erst einmal über zwei Jahre, die Sendetage sind noch unklar. Die Show läuft nach dem bekannten Muster früherer Jahre mit Eingangs-Gags zu aktuellen Themen, einem Gesprächsgast und einer Band, sie soll 60 Minuten dauern. In der ARD muss sich der ausgebildete Schauspieler und Kirchenmusiker derzeit 45 Minuten am Donnerstagabend zeigen.

Von Sat.1 hatte sich Schmidt 2003 ruckartig und im Umfrieden getrennt, nun wird auf beiden Seiten die Rückkehr in den Schoß "der Familie" bejubelt. Eine Ironie des televisionären Personalkarrussels ist allerdings, dass Schmidt seinen mal unflätigen, mal überforderten Co-Moderator Oliver Pocher erst aus seiner Show entfernte und ihm nun zu dem Privatsender folgt.

Offiziell bedauerte ARD-Programmdirektor Volker Herres am Montag Schmidts Entschluss: "Denn wir haben seit 2005 sehr gerne und erfolgreich mit ihm zusammengearbeitet und hätten uns gut vorstellen können, diese Zusammenarbeit fortzusetzen." Doch es ist gut denkbar, dass die ARD den Abgang auch mit einer gewissen Erleichterung sieht. Die stolzgeschwellte Brust, mit der man den Nachttalker im Dezember 2004 präsentiert hatte, ist jedenfalls längst eingefallen. Der frühere Kabarettist hat die Erwartungen weder inhaltlich noch quotentechnisch erfüllt, dabei hatte ihm das Erste quasi eine Blankovollmacht ausgestellt. Schmidt durfte alles sagen, Schmidt sollte alles moderieren.

Doch er glänzte nicht als scharfzüngiger Satiriker, übernahm weitere Moderationen nur unlustig, er wirkte immer matter. Nur ab und zu zupfte er noch mal an einem Tabu, damit wenigstens die Rundfunkräte ihn einschalteten. Denn seine Zuschauerzahlen dümpelten oft unter der Millionen-Grenze. Zuletzt gab es wohl Überlegungen bei der ARD, Schmidt als neuen Gastgeber des "Satire Gipfels" zu verpflichten.

Das reizte ihn aber wohl weniger als die ausgelatschten Show-Schuhe bei Sat.1. Für ihn ändert sich insgesamt wenig, er produziert weiter mit seiner Mannschaft in Köln-Mülheim.

Die ARD kann nun das große Hallo für ihren Neuzugang vorbereiten. Wenn Günther Jauch im Herbst 2011 den Sonntagstalk übernimmt, sollen unter der Woche endlich die "Tagesthemen" einheitlich um 22.15 Uhr beginnen. Danach sollen wohl Beckmann, Maischberger, Plasberg und Will talken - da hinterlässt Schmidt kaum eine Lücke.