„Schreckenszeit“ des spanischen Königs
Madrid (dpa) - Die Krise des spanischen Königshauses wird mit dem „Schreckensjahr“ 1992 der britischen Königin Elisabeth II. verglichen. Juan Carlos hat sich für seine umstrittene Elefantenjagd entschuldigt, aber seine Probleme damit längst nicht gelöst.
Ein König bittet die Bevölkerung seines Landes normalerweise nicht um Entschuldigung. Dass Juan Carlos dies nach seiner umstrittenen Elefantenjagd in Botsuana dennoch tat, zeigt, wie ernst die Krise der Monarchie in Spanien ist. „Schwierige Zeiten“, titelte die Madrider Zeitung „El País“ am Sonntag. „Die Monarchie durchlebt historische Momente.“
Nach Umfragen hat die Mehrheit der Spanier ihrem König die Elefantenjagd verziehen, aber die Krise ist damit längst nicht beendet. Der Jagdausflug war nur der Auslöser und nicht die Ursache dafür, dass in Spanien eine Welle der Kritik über das Königshaus hereinbrach und die Staatsform der Monarchie infrage gestellt wird. Die Afrika-Reise bildete nur ein Glied in einer Kette von Affären und Missgeschicken, die das Königshaus in letzter Zeit heimsuchten.
Schon im Oktober 2011 brachte eine Studie an den Tag, dass das Ansehen des Königshauses unter den Spaniern merklich gesunken war und ein erheblicher Teil der jungen Leute die Monarchie ganz ablehnt.
Die Presse vergleicht die Lage mit dem „Annus horribilis“ (Schreckensjahr), von dem die britische Queen 1992 nach einer Serie von familiären Katastrophen gesprochen hatte. Für Juan Carlos begann die Pechsträhne mit einer Reihe von medizinischen Eingriffen. Vor zwei Jahren wurde ihm ein Tumor aus der Lunge entfernt, später musste er sich am Knie und an der Achillessehne operieren lassen.
Den wohl schlimmsten Schlag versetzte die Finanzaffäre um den königlichen Schwiegersohn Iñaki Urdangarín dem Ansehen der Royals. Der Mann der Infantin Cristina wird der Unterschlagung von Steuergeldern in Millionenhöhe verdächtigt. Im Februar musste er als erstes Mitglied der königlichen Familie vor einem Ermittlungsrichter aussagen.
Allerdings hat die Monarchie in Spanien traditionell keinen leichten Stand. In der Ersten und Zweiten Republik (1873-1874 und 1931 bis 1939) sowie während der Franco-Diktatur (1939-1975) hatte Spanien keinen König gehabt. Die Sozialisten sind eine Partei mit republikanischer Tradition, die kleineren Linksparteien sowie die Separatisten im Baskenland und Katalonien sind gegen die Krone. Juan Carlos musste sich die Popularität durch seinen Beitrag zur Wiedereinführung der Demokratie und zur Niederschlagung des Militärputsches im Februar 1981 erst mühsam verdienen.
Der König hat versprochen, dass ein Fehler wie bei der Elefantenjagd sich nicht wiederholen werde. Dies bedeutet, dass er von nun an bei jeder Geste und bei jedem Schritt genauestens unter Beobachtung steht. Die Zeiten, in denen der Monarch darauf hoffen konnte, in der Presse von Kritik verschont zu werden, sind vorbei. Es werden sogar Witze über den König gemacht. Ein Karikaturist der Zeitung „El Periódico“ legte Juan Carlos die Worte in den Mund: „Ich habe es geschafft, meinen Schwiegersohn aus den Schlagzeilen zu verdrängen. Das macht mir so schnell niemand nach.“
Eine Mehrheit der Spanier verlangt, dass die Öffentlichkeit künftig auch über private Reisen des Königs unterrichtet wird und solche Ausflüge nicht mehr von Sponsoren finanziert werden dürfen. Die Regierung sträubt sich jedoch dagegen. Mit Reformen der Monarchie tut Spanien sich ohnehin schwer. Die Aufgaben des Kronprinzen Felipe, der seinen Vater während dessen Genesung von einer Hüftoperation auf zahlreichen Terminen vertritt, sind gesetzlich nicht klar geregelt. Der Thronfolger genießt nicht einmal Immunität.
Zudem haben in Spanien in der Thronfolge die Männer noch immer Vorrang vor den Frauen. Fast alle Spanier sind sich einig, dass diese Regelung längst nicht mehr zeitgemäß ist. Die Politiker wagen sich aber nicht an eine Änderung - aus Angst, eine Debatte über die Monarchie auszulösen.