Erfahrungsbericht Schummel-Software: Mein Diesel soll jetzt wieder ehrlich sein
Der VW Polo unseres Redakteurs Ekkehard Rüger hat sein Software-Update hinter sich. Die Geschichte einer enttäuschten Liebe.
Leverkusen. Herr von Laufenberg ist überaus höflich zu mir. „Haben Sie Lust und haben Sie Zeit, dass wir uns den Wagen mal eben zusammen anschauen?“ Mit der Zeit ist das kein Problem. Schließlich hatte ich ja einen Termin mit meinem VW-Zentrum vereinbart. Lust habe ich weniger, morgens um acht in der Nachbarstadt aufzulaufen, nur um dem Konzern die Chance zu geben, seine Schummel-Software auszutauschen. „Die Maßnahme wird je nach Arbeitsumfang zwischen 30 Minuten und einer Stunde in Anspruch nehmen und ist für Sie selbstverständlich kostenlos“, hatte mir VW im September geschrieben. Da war der Abgasskandal gerade ein Jahr alt.
Es ist Mai 2015, als die Welt noch in Ordnung scheint und ich für einen Moment denke, als Käufer alles richtig zu machen. Ein drei Jahre alter Gebrauchtwagen (VW Polo, 1,2-Liter-Maschine, 75 PS), geringer Verbrauch (unter fünf Litern), klimafreundliche CO2-Werte (weil Diesel) und sowieso irgendwie umweltfreundlich (Blue-Motion-Serie). Dass als Vorbesitzer die Bundeswehr aufgeführt ist, nehme ich damals noch als witzige Randnotiz zur Kenntnis. Heute grüble ich stattdessen, ob der Militärische Abschirmdienst vielleicht schon früher was gewusst hat.
Vier Monate später bricht meine Selbsttäuschung in sich zusammen. Mit Bekanntwerden des Abgasskandals wandelt sich der Diesel in der öffentlichen Meinung schrittweise vom Klimaretter zum Lungenzerstörer. Und während meine Dieselliebe inneren Zersetzungsprozessen ausgesetzt ist, braucht mein VW-Zentrum fünf Monate, um mir einen Brief zu schreiben. Er erreicht mich im Februar 2016. Betrifft: „Rückrufaktion Dieselmotoren. Wir helfen Ihnen weiter.“
Bis mir Herr von Laufenberg dann tatsächlich seine Hilfe anbietet, vergehen weitere acht Monate. „Und, soweit mit dem Auto zufrieden?“, fragt er auf dem Weg zum Parkplatz. „Soweit ja, aber ich ärgere mich trotzdem“, grummle ich. „Das kann ich verstehen“, nickt er einfühlsam — und ich denke darüber nach, wie viel Kommunikationstraining der arme Kerl wohl über sich hat ergehen lassen müssen.
Später sitzen wir uns an seinem Schreibtisch gegenüber und ich will wissen, was denn das Software-Update nun genau bewirkt. „Das kann ich Ihnen auch nicht sagen. Wir laden die neue Software nur vom zentralen Server herunter und bekommen die Information, wie wir sie aufspielen. Ansonsten werden wir im Dunkeln gelassen und wissen auch nur das, was in den Medien steht.“ Schön, einen solchen Satz als Journalist zu hören. Nicht schön, ihn als Kunde zu hören. Da hätte ich doch noch ein, zwei Fragen gehabt.
Aber Herr von Laufenberg ist inzwischen galant dazu übergewechselt, sich stattdessen selbst zu fragen, warum nur VW seine Diesel zurückrufen muss, wo doch inzwischen bekannt sei, dass auch ganz viele andere Hersteller Dreck am Stecken haben.
Es ist 9.45 Uhr. Eindreiviertel Stunden nach meiner Ankunft ist die Rückrufaktion 23R7 für mich beendet. Ein Zettel bescheinigt mir die ordnungsgemäße Durchführung. Und VW sichert mir zu, das damit „hinsichtlich Kraftstoffverbrauch, CO2-Emissionen, Motorleistung und Drehmoment sowie Geräuschemissionen keine Verschlechterungen verbunden sind“. Warum dann überhaupt der ganze Betrug, frage ich mich. Aber auch diese Frage wird heute unbeantwortet bleiben.
In den USA hat VW milliardenschwere Vergleichsregelungen getroffen. In Deutschland stehen Händler, Aktionäre und Kunden noch fordernd vor der Tür. Im Internet könnte ich mich einer Sammelklage anschließen. Aber warum soll ich mich beklagen? Ich habe doch während des Wartens schon ein kostenloses Schoko-Weckchen bekommen. Und als ich in den Wagen einsteige, ist er sogar frisch gewaschen.