Schweinegrippe - eine weitere Seuche am Horizont
Hamburg (dpa) - Mit der Schweinegrippe zieht eine neue Seuche am Horizont auf, die sich über die Erde ausbreiten könnte. Die Bilder von Menschen mit Mundschutz aus Mexiko erinnern an den Ausbruch der Lungenkrankheit Sars 2003. Der Grippe-Virussubtyp A/H1N1 ist derselbe wie bei der Spanischen Grippe, die von 1918 bis 1920 weit mehr Menschen tötete als der Erste Weltkrieg.
Je nach Schätzung starben 25 Millionen Menschen bis 50 Millionen Menschen daran. Und es gibt noch eine beunruhigende Parallele zu damals: Auch bei der aktuellen Schweinegrippe in Mexiko sind vor allem junge Menschen betroffen. Einige Forscher vermuten, dass 1918 eine Überreaktion des in jungen Jahren sehr aktiven Immunsystems das Lungengewebe der Patienten zerstört.
Heute ist die Erde um ein Vielfaches dichter besiedelt als 1918, Reisemöglichkeiten und -geschwindigkeit sind gestiegen. Experten warten zudem schon lange auf eine weltweite Seuche (Pandemie), weil eine solche bislang etwa alle 30 Jahre kam: Auf die Spanische Grippe folgte 1956/1957 die sogenannte Asiatische Grippe (A/H2N2) und schließlich 1967/1968 die Hongkong-Grippe (H3N2). Eine weitere wäre demnach überfällig.
Nach Angaben des Seuchenexperten Prof. Alexander Kekulé vom Universitätsklinikum Halle (Saale) ist das derzeitige Schweinegrippevirus jedoch noch lange nicht so gefährlich wie das von 1918. "Davon sind wir in jedem Fall noch weit entfernt." Wie gefährlich es wird, vermag kaum ein Experte vorherzusagen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) nimmt die Sache sehr ernst und berief gleich ihr Notfallkomitee ein. Nach Aussagen der WHO-Leiterin Margaret Chan hat die auf den Menschen übergegangene Schweinegrippe "das Potenzial für eine Pandemie".
Zumindest einmal in diesem Jahrhundert zeigte sich jedoch, dass der Mensch Waffen gegen neue Viren hat. So hinterließ die Lungenkrankheit Sars 2003 auf ihrem Seuchenzug rund um den Globus zwar rund 800 Tote. Dank der weltweiten Zusammenarbeit von Forschern, Ärzten und Politikern wurde das Virus rasche identifiziert und die Lungenkrankheit nach vier Monaten eingedämmt. Der Erfolg gelang letztlich vor allem mit altbewährten Mitteln: Hygiene, Reiseeinschränkungen und Quarantäne. "Sars war unter Kontrolle zu bringen, weil der Erreger nicht besonders infektiös war", erläutert Kekulé.
Auch die Mexikaner griffen nun zunächst zum Mundschutz, die Behörden haben Massenveranstaltungen wie Fußballspiele oder Gottesdienste für die Besucher gesperrt und Schulen geschlossen. Bei der Suche nach Infizierten helfen sogar Soldaten.
Zudem erscheint die weltweite Ausgangsposition beim Kampf gegen die Schweinegrippe zumindest derzeit recht gut: Der Erreger ist bekannt, es ist ein Grippevirus vom Subtyp H1N1. Nach Auskunft der US-Gesundheitsbehörden CDC wirken die beiden Medikamente Tamiflu und Relenza. Viele Staaten haben im Zuge der Vogelgrippe - ausgebrochen ebenfalls 2003 - nationale Pandemiepläne aufgestellt, die nun anlaufen.
Noch sei das Schweinegrippe-Virus nicht sehr infektiös, sagt Kekulé mit Blick auf die Zahlen aus den USA. "Man kann aber noch nicht sagen, wie effizient es sich einmal von Mensch zu Mensch verbreiten wird." Die ersten vom Schwein auf den Menschen übertragenen Viren seien normalerweise noch nicht so fit, um weitere Menschen leicht zu infizieren.
Sie könnten aber im Laufe einer Infektionskette immer infektiöser werden, denn die gefährlichsten der sich ständig verändernden Viren verbreiten sich am besten. "Daher ist es besonders wichtig, jetzt einzugreifen. Es kommt darauf an, das Virus jetzt rechtzeitig zu stoppen."