Seehundstationen ziehen 2015 fast 300 Jungtiere auf

Friedrichskoog/Norden (dpa) - Nahrhafte Milch und kiloweise Hering: Knapp 300 Jungtiere konnten sich 2015 in den beiden Seehundstationen an deutschen Nordseeküste ordentlich Fett anfuttern. Die Stationen zogen eine positive Bilanz.

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In Friedrichskoog (Schleswig-Holstein) seien 184 von den Muttertieren verlassene Seehundjunge vor dem Hungertod gerettet worden, sagte Stationsleiterin Tanja Rosenberger: „Wir konnten über 90 Prozent der als "Heuler" eingelieferten Tiere erfolgreich aufziehen. Es war ein sehr gutes und erfolgreiches Jahr.“

Die Station im niedersächsischen Norden hat einen ähnlich guten Wert. Von den 100 dort versorgten verwaisten Jungtieren mussten die Tierpfleger demnach nur etwa 12 Prozent einschläfern, weil diese zu schwer verletzt oder stark ausgetrocknet waren. Sonst seien es durchschnittlich 30 Prozent, sagt Stationsleiter Peter Lienau. Fast zehn Wochen bleiben die Pflegetiere in der Station, dann geht es zurück für sie ins Wattenmeer.

Zurzeit leben 20 Seehunde in der Station im Nordener Stadtteil Norddeich. Sie sind entweder verletzt oder mit Parasiten wie Lungenwürmern befallen. Hochsaison herrscht immer Sommer, wenn von Anfang Juni bis August die Seehundbabys zur Welt kommen. „Diese werden von ihren Müttern nicht verlassen, sondern getrennt“, erklärt Lienau. Dafür verantwortlich können Sturm und Unwetter sein oder Touristen, die die empfindlichen Tiere stören.

In der ersten Zeit bekommen die Heuler in Norddeich fünfmal am Tag fette Ersatz-Milch - per Magensonde. Der Grund: „Wir haben so wenig Kontakt zu den Tieren wie möglich, damit sie sich nicht an Menschen gewöhnen“, sagt Lienau. Außerdem könnten diese auch kräftig zubeißen. Nach etwa zwei Wochen bekommen die Seehunde ihren ersten Fisch und verputzen dann bis zu 2,5 Kilo Hering pro Tag. Wenn die Babys in die Station kommen, wiegen sie meist 8 bis 9 Kilo. Haben sie ein Gewicht von mindestens 25 Kilo erreicht, wildern die Tierpfleger sie aus.

In der Seehundstation Friedrichskoog kommen die Seehundbabys wie in Norddeich erstmal in Quarantäne, wo sie auf Krankheiten untersucht werden. Dann ziehen sie in kleinen Gruppen in die Aufzuchtbecken um. „In dieser Zeit suchen sie noch den Kontakt zu ihren Artgenossen“, sagt Stationsleiterin Tanja Rosenberger.

Zu Einzelgängern werden die Seehunde ihren Angaben nach erst, wenn sie abgestillt sind - was sich auch in der Station in Friedrichskoog beobachten lässt: „Im Auswilderungsbecken halten sie Abstand zueinander und klatschen mit den Flossen, wenn jemand ihnen zu nahe kommt: Sie zeigen das normale Sozialverhalten.“ Für Besucher ist der gesamte Aufzuchtbereich einsehbar.

Die Robben-Waisen bleiben in Friedrichskoog bis zu ihrer Auswilderung meist zwei bis drei Monate in der Obhut der Seehundstation. Die Kosten dafür summieren sich für jedes Tier im Schnitt auf mindestens 1300 Euro. Bei kranken Tieren könne es wegen zusätzlicher ärztlicher Versorgung noch teurer werden, sagte Rosenberger. Die Station finanziert sich seit 1996 ohne staatliche Zuschüsse ausschließlich mit Spenden und dem Verkauf von Eintrittskarten.

In Friedrichskoog sind inzwischen auch die ersten verwaisten Kegelrobbenbabys eingetroffen. Sie werden mitten im Winter geboren. In Norddeich gab es um Weihnachten herum ebenfalls vier Meldungen dieser Tiere. Die Pfleger sperrten daraufhin das Gebiet um die Jungtiere ab, in allen Fällen kehrte die Mutter wieder zurück. Bei Kegelrobben sei es anders als bei Seehunden, sagt Lienau. „Seehundmütter lassen ihre Jungen nicht lange alleine.“ Bei den Kegelrobben müsse man dagegen schon 24 Stunden abwarten, ob diese zurückkommen.