Shell räumt Ölleck in Nordsee ein - Ausmaß ist unklar
London (dpa) - An einer Plattform des Konzerns Shell in der zentralen Nordsee läuft Öl aus. Das teilte Shell am Samstag mit und bestätigte entsprechende Medienberichte. Wie viel Öl ins Meer strömt, erklärte der Konzern nicht.
Es sei aber kein „bedeutendes“ Leck, hieß es.
Ein ferngesteuerter Unterwasser-Roboter sei eingesetzt worden, um das Problem zu erkunden. Das Loch war Medienberichten zufolge bereits am Mittwoch an einer Verbindungsstelle zwischen Ölquelle und Plattform entdeckt worden.
Man arbeite daran, das Leck zu reparieren, hieß es in einer kurzen Erklärung der Shell-Notfallzentrale. Ein Boot mit Chemikalien zum Binden von Öl stehe bereit. Zudem beobachte man die Situation von einem Flugzeug aus. Die Ölplattform liegt rund 180 Kilometer vor der Küste der schottischen Stadt Aberdeen. Das Gannet-Ölfeld wurde zu Beginn der 1970-er Jahre entdeckt und später erschlossen. Das Wasser ist an dieser Stelle etwa 100 Meter tief, heißt es auf der Homepage des Konzerns.
Das britische Energie- und Klimaministerium teilte mit, der Vorfall werde untersucht. Man habe von Shell die Information bekommen, die Menge an Öl, die freigesetzt werden könnte, sei begrenzt, sagte ein Sprecher.
„Es ist zu früh, um zu sagen, wie ernsthaft dieser Vorfall ist, aber es ist zwingend erforderlich, dass Shell jetzt schnell und effizient reagiert“, sagte der Vize-Chef der Grünen-Partei in Schottland, Patrick Harvie. Die Bevölkerung und die Behörden müssten dabei stets auf den neuesten Informationsstand gebracht werden. Das habe der Konzern BP während der im Frühjahr 2010 ausgebrochenen Ölkatastrophe an einer Plattform im Golf von Mexiko nicht getan.
Im Gannet-Ölfeld werden einem Bericht des Senders BBC zufolge täglich 13 500 Barrel Öl produziert. Es werde zwar von Shell betrieben. Doch auch der Konzern Esso, der zum US-Riesen Exxon gehört, habe Anteile daran.
Umweltorganisationen kritisierten die Förderung von Öl aus der Nordsee. Diese werde immer schwieriger und gefährde sowohl die Küstengemeinden Schottlands als auch die Wirtschaft, sagte Juliet Swann von „Friends of the Earth“. „Jedes Auslaufen von Öl sollte uns ein Warnzeichen sein, das uns antreibt, eine Zukunft mit sauberen, erneuerbaren Energien anzustreben, statt weiter in schmutziges Öl zu investieren.“
„Dieser Vorfall in der Nordsee zeigt deutlich, dass schwere Ölunfälle auch in der Nordsee möglich sind“, sagte Jörg Feddern von der Umweltschutzorganisation Greenpeace. Die Betreiber von Plattformen müssten durch die Politik endlich dazu verpflichtet werden, ihre Pläne für solche Notfälle öffentlich darzulegen. „Nur so ist überprüfbar, ob wirklich alles Erdenkliche unternommen wird, um Katastrophen größeren Ausmaßes zu verhindern.“
Shell war zuletzt vor einer Woche wegen seiner Aktivitäten im Nigerdelta schwer in die Kritik geraten. Ein Bericht des Umweltprogrammes der Vereinten Nationen (UNEP) geht davon aus, dass die Schäden und Gefahren, die Shell durch schonungslose Erdölförderung dort angerichtet hat, erst in 25 bis 30 Jahren wieder behoben sein werden. Die UNEP-Experten glauben, der Sachschaden gehe in die Milliarden.
Neben den Beeinträchtigungen des Trinkwassers und damit der Gesundheit der Menschen seien vor allem die Mangrovenwälder in Gefahr, hieß es. Es müssten dringend die Lecks in den Leitungen gestopft werden, um weitere Verunreinigungen zu stoppen. Für die Ölförderung im nigerianischen Ogoniland ist vor allem der britisch-niederländische Ölkonzern Royal Dutch Shell gemeinsam mit der staatlichen nigerianischen Ölgesellschaft verantwortlich. Shell übernahm die Verantwortung für zumindest zwei Öllecks.
Der Mineralölkonzern Shell geriet unter anderem 1995 in die Kritik. Anlass war der Plan, die ausrangierte Ölplattform „Brent Spar“ im Nordatlantik 2000 Meter tief zu versenken. Umweltschützer hatten den 15 000 Tonnen schweren und fast 140 Meter hohen Stahlkoloss vor den Shetland-Inseln besetzt. Viele Autofahrer boykottierten damals Shell-Tankstellen. Der Konzern gab dem Druck nach und ließ „Brent Spar“ schließlich an Land zerlegen.