Fotografie Sigmar Polke als „Alchimist der Dunkelkammer“
Leverkusen (dpa) - In den 70er Jahren waren Fotos oft noch verwackelt oder überbelichtet, und wenn man sie selbst entwickelte, konnten sie fleckig werden.
Als „Alchimist der Dunkelkammer“ machte sich der Künstler Sigmar Polke (1941-2010) diese Unzulänglichkeiten zunutze und setzte sie bewusst ein. Die Ergebnisse präsentiert eine Ausstellung ab dem 27. Mai mit mehr als 500 Aufnahmen im Museum Morsbroich in Leverkusen.
Die bisher unveröffentlichten Fotos gehören zu einem „Dachbodenfund“ längst verloren geglaubter Bilder, die Georg Polke, der Sohn des Künstlers, wiederentdeckt hat. Was heute Alltag ist, dass nämlich jeder ständig eine Kamera zur Hand hat, war für Polke schon in den 1970er Jahren Realität. „Er hat immer die Kamera dabeigehabt, immer, immer“, erzählt Kurator Fritz Emslander. Die Fotos zeigen ihn in allen denkbaren Lebenslagen, etwa im Schaumbad, frisch verliebt mit neuer Freundin oder beim Fratzenschneiden. Polke - dessen Gemälde heute Millionenpreise erzielen - war immer auch ein Spaßmacher.
„Es macht den Charme des Konvoluts aus, dass man mitten im Freundeskreis drin ist. Das ist wie eine Zeitreise in die 70er Jahre“, schwärmt Emslander. So wie Polke für seine Gemälde mit Meteoritenstaub, Schneckensaft, Uran und hochgiftigem Kobaltnitrat experimentierte, tauchte er auch seine Fotos in alle möglichen Laugen, nutzte Überblendungen und Mehrfachbelichtungen und näherte sich durch die so erzielten Effekte der Malerei an. Anhand der großen Zahl der ausgestellten Fotos kann der Besucher diesen kreativen Prozess des Ausprobierens heute noch nacherleben.