Kontrollverlust Skurriler Prozess um Karnevalsfeier

Versicherungskaufmann leidet nach Operation unter Angstzuständen. Als es an seine Krawatte ging, verlor der 48-Jährige die Kontrolle.

Foto: B. Kirchner

Düsseldorf. In Strafprozessen können Angeklagte freigesprochen werden, wenn sie vermindert schuldfähig sind. Darum hat die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen gegen Ralf A. (Name geändert) auch inzwischen eingestellt. Doch der 48-Jährige kämpft um seinen Arbeitsplatz. Denn er war nach einem skurrilen Vorfall auf der Karnevalsfeier eines Düsseldorfer Versicherungskonzerns entlassen worden. Am Donnerstag wurde der Fall vor dem Landesarbeitsgericht verhandelt.

Der Versicherungskaufmann ist schwer krank. Bei einer Krebs-Operation wurden ihm beide Hoden entfernt. Seitdem leidet der 48-Jährige unter Angstzuständen. Als zwei Kolleginnen, die davon nichts ahnten, ihm bei der Firmen-Feier die Krawatte abschneiden wollten, rastete er aus. Ralf A. soll getreten haben und einen anderen Mitarbeiter mit einem Bierglas am Kopf verletzt haben. Daraufhin bekam er die Kündigung, nach 28 Jahren im Betrieb.

In der Verhandlung schilderte der 48-Jährige am Donnerstag, was vorgefallen war. Er sei in einem Al Capone-Kostüm zu der Karnevalsfeier erschienen, die schon nachmittags begann. Seine den beiden jungen Kolleginnen, die unbedingt seinen Schlips erobern wollten, hätten ihn dann immer wieder verfolgt: „Der gehört aber zu meinem Al Capone-Kostüm. Ich bin dann in eine Polonaise geflüchtet.“

Doch kurz danach hatten die beiden völlig jecken Damen ihr Opfer wieder ausfindig gemacht. Ralf A. räumte ein, dass er eine der Frauen kurz festgehalten ha be: „Ich habe gesagt ’Lass es bitte sein’. Auf keinen Fall habe ich sie gewürgt.“

Danach schien die Situation zunächst bereinigt. Bis plötzlich ein anderer Kollege im Clowns-Kostüm auftauchte und Ralf A. wegen des Vorfalls zur Rede stellte: „Dann wollte ich mich eigentlich entschuldigen.“ Doch das ging schief, die beiden Frauen wollten die Entschuldigung nicht annehmen. Stattdessen wurde plötzlich geschubst: „Ich bin dann in Panik geraten.“

Danach soll Ralf A. einmal nach dem Clown getreten haben. Bei der anschließenden Auseinandersetzung ging ein Bierglas zu Bruch. Mit den Scherben soll der Versicherungskaufmann seinen Kontrahenten an der Stirn verletzt haben. Zum Teil wurden diese Szenen auf einem Video festgehalten, das am Donnerstag auch im Rahmen der Verhandlung zu sehen war. An einen Schlag mit dem Glas konnte sich der 48-Jährige allerdings überhaupt nicht mehr erinnern.

Für seine Rechtsanwältin Bettina Hartmann ist klar, dass ihr Mandant unter einer besonderen Stresssituation gelitten hat, die mit der Krebs-Operation zusammen hängt. Sie forderte, dass der Versicherungskonzern die Kündigung zurück nimmt oder eine Entschädigung zahlt.

Das Landesarbeitsgericht versuchte am Donnerstag zunächst, eine gütliche Einigung zu erreichen. Dazu waren beide Parteien allerdings nicht bereit. Am Ende wurde beschlossen, dass die Verhandlung am 22. Dezember fortgesetzt wird.