Smog-Alarm in Shanghai: „So schlimm war es noch nie“
Shanghai (dpa) - Shanghai hat Smog-Alarm ausgerufen und Notmaßnahmen ergriffen. Die Behörden verhängten einen Stopp für Bauarbeiten, ließen rund ein Drittel weniger Busse und andere öffentliche Autos auf die Straße und wiesen Schulkinder an, drinnenzubleiben, wie die Stadtverwaltung im Internet mitteilte.
Die Sicht in der Küstenmetropole ging an einigen Stellen auf wenige Dutzend Meter zurück. „So schlimm war es noch nie“, sagte am Freitag ein 56-Jähriger Shanghaier. „Seit zwei Tagen geht das schon. Wir wissen nicht, was wir machen sollen.“
Die Luftbelastung mit gefährlichen Feinstaubpartikeln, die kleiner als 2,5 Mikrometer sind, erreichte laut offiziellen Angaben zwischenzeitlich den Spitzenwertwert von 602,5 Mikrogramm. Die Belastung pro Kubikmeter Luft betrug damit mehr als das 24-Fache der von der Weltgesundheitsorganisation als unbedenklich tolerierten Werte von 25 Mikrogramm.
Ärzte warnten, dass die extrem hohen Schadstoffkonzentrationen Schlaganfälle, Herzerkrankungen, Atemwegsleiden, Geburtsschäden oder Krebs auslösen können. Viele Menschen trugen eine Atemschutzmaske gegen die schlechte Luft oder hielten sich Schals vor den Mund. Der Flughafen war von Smog eingehüllt. Zahlreiche Flüge wurden gestrichen. Maschinen auf dem Rollfeld verschwanden im Dunst. Sogar im Flughafengebäude selbst war die Luft unklar und verräuchert. „So etwas habe ich noch nicht gesehen“, sagte ein Fluggast, als er seinen Koffer holte.
Eine 38-jährige Deutsche, die mit ihrer Familie in Shanghai lebt, musste ihr Kind am Mittag am Kindergarten abholen. „Wegen des Smogs riefen sie an, dass der Kindergarten geschlossen werde.“ Sie mache sich große Sorgen. „Da will man nur noch weg“, sagte ihr Mann. In den Weibo genannten chinesischen Microblogs, die dem Kurznachrichtendienst Twitter ähneln, äußerten viele Shanghaier ihre Empörung. „Ich traue mich kaum noch zu atmen“, schrieb eine Nutzerin.
„Es wird immer schwerer, Deutsche zu finden, die nach China gehen wollen“, sagte der hoher Manager eines großen deutschen Unternehmens. „Besonders wenn sie Kinder haben.“ Die Luftverschmutzung schrecke sie ab. „Manchmal sagen sie auch selber: Das tue ich mir doch nicht an.“
Die Hafenmetropole Shanghai und die angrenzten Provinzen werden seit Tagen von hoher Luftverschmutzung heimgesucht. Meteorologen machen das Wetter für die schlechten Luftwerte der vergangenen Tage mitverantwortlich. Derzeit werde die verpestete Luft nicht so schnell wie gewöhnlich aus Shanghai weggeweht. „Der meiste Dreck kommt aus den umliegenden Industrieregionen“, sagte ein Shanghaier. Laut Prognosen dürfte die Luftverschmutzung daher noch mindestens bis zum Ende der Woche andauern.