Spektakulärer CCTV-Tower in Peking eröffnet

Peking (dpa) - Es ist eines der größten Gebäude der Welt - und eines der kompliziertesten. Nach zehn Jahren ging am Mittwoch in Peking das spektakuläre neue Sendezentrum des chinesischen Staatsfernsehens (CCTV) offiziell in Betrieb.

Es gilt als eines der architektonischen Meisterwerke weltweit.

Für Ole Scheeren, der den einzigartigen Komplex mit dem Niederländer Rem Koolhaas entworfen hat, geht ein Lebensabschnitt zu Ende: „Es ist schon ein tolles Gefühl, wenn ein solches Unterfangen, das nicht nur gigantisch groß, sondern auch in vielerlei Hinsicht sehr komplex war, zu seinem Abschluss kommt“, sagt der 41-Jährige sichtlich bewegt in einem Interview der Nachrichtenagentur dpa in Peking.

Aber es ist weniger ein Abschluss als vielmehr ein Anfang: „Wenn unsere Arbeit aufhört, fängt ein Gebäude erst an zu leben“, weiß Scheeren. Der CCTV-Tower kann jetzt zum Leben erwachen. Als erstes zieht der Sport ein und soll die Olympischen Spiele aus London übertragen. Rund um die Uhr wird hier künftig Fernsehen produziert und in der ganzen Welt ausgestrahlt. „Die extreme Energie oder Aktivität in dem Gebäude, die jetzt bald losgeht, ist einfach eine tolle Vorstellung“, findet Scheeren.

Der Betrachter mag sich schon an der Konstruktion nicht sattsehen: Zwei am Fuße über Eck verbundene L-förmige Türme steigen schräg in die Höhe. In 160 Meter Höhe werden sie über eine 70 Meter hohe Auskragung vereint. Für Statiker dürfte es kaum etwas Spannenderes geben. Das Gebäude, das die Schwerkraft aufzuheben scheint, lässt sich nicht eindeutig festlegen. „Es ist klar, dass es etwas ist, aber es ist nicht sofort klar, was es ist“, formuliert es Scheeren. „In dieser Herausforderung steckt etwas ungeheuer Wichtiges. Damit macht das Gebäude etwas. Es sagt nicht nur etwas, es fragt auch etwas.“

Der ungewöhnliche Entwurf sei dem historischen Moment für China nach der Jahrtausendwende entsprungen, als die neue wirtschaftliche und politische Macht die Weltbühne betreten hat. „Es ist ein Gebäude eines sehr spezifischen Kontexts und einer sehr spezifischen Zeit.“ Die Konstruktion symbolisiere einen Umbruch. „Es steht für ein neues China im weiteren Sinne“, sagt Scheeren. Seit 2004 hatte er den Bau vor Ort geleitet. Vor zwei Jahren war seine Arbeit erledigt, dann folgte nur noch der Innenausbau.

So verlies der aus Karlsruhe stammende Scheeren Ende 2010 das Office for Metropolitan Architecture (OMA) und gründete ein eigenes Architekturbüro in Peking, das in China und Asien neue spannende Bauvorhaben verfolgt. Doch ist Scheeren spürbar erfreut und erleichtert, dass der CCTV-Towers endlich fertig ist. „Heute morgen als ich aufgewacht bin, ist mir klar geworden, dass es nicht nur ein mechanischer, sondern doch auch ein emotionaler Moment ist“, sagt er. „Es ist der Abschluss eines Jahrzehnts meines Lebens.“

Mit seinem ehemaligen Kollegen Koolhaas von OMA nahm Scheeren an der Zeremonie zur Eröffnung teil. Die Feier wurde erst nicht groß angekündigt, aber dann verkündete der Staatssender dem Milliardenvolk in seinen zentralen Abendnachrichten doch die „erfolgreiche Fertigstellung“. Mit neuer technischer Ausrüstung werde künftig in hochauflösender Qualität (HD) aus der neuen Zentrale gesendet.

Der Staatssender ist im Volk nicht unbedingt beliebt, wirkt als Propagandainstrument wie aus einer alten Zeit. Ein Widerspruch zu dem modernen Gebäude, das Aufbruch symbolisiert? „Ich glaube, jeder, der China kennt, sieht einen Weg, auf dem sich dieses Land bewegt“, entgegnet Scheeren. „Es verändern sich Dinge - manchmal sehr schnell, manchmal langsamer. Aber dieses Land ist in einem radikalen Umbruch.“ Auch der Staatssender durchlaufe diesen Prozess und werde sich weiter verändern. „Vielleicht ist die Inbetriebnahme des Gebäudes selbst ein wichtiger und großer Schritt für Veränderung.“