Sporthochschule Köln: Auf Ballhöhe für Blinde

An der Sporthochschule Köln werden Studenten zum Blindenreporter ausgebildet. Einer von ihnen ist in Aachen bereits im Einsatz.

Aachen. Ole Gerdes weiß, dass es nach Ecken drei zu eins für Aachen steht — obwohl er es nicht sieht. Der 47-Jährige verfolgt das Zweitligaspiel der Alemannia anders als die Zuschauer um ihn herum, er ist sehbehindert. Dank zweier Blindenreporter kann Gerdes die Partie gewissermaßen sehen — mit den Augen eines anderen. „Erste Ecke für Fürth“, ruft Ralf Steinweg in sein Mikrofon. Gerdes hört dies über Kopfhörer.

Seit zwei Jahren ist Steinweg ehrenamtlicher Blindenreporter bei der Alemannia. „Ich bin da eher zufällig reingekommen“, erinnert sich der 44-Jährige. Zur Eröffnung des neuen Tivoli-Stadions 2009 suchte der Verein einen Blindenreporter. Der Sozialarbeiter bewarb sich — und wurde angenommen. „Aus dem kalten Wasser heraus hab ich begonnen und mir das peu à peu selbst angeeignet.“ Mittlerweile bietet die Deutsche Fußball-Liga Schulungen für Blindenreporter aus der Bundesliga an. Auch Steinweg wurde schon eingeladen.

Obwohl es auf dem Platz und den Rängen gerade hektisch wird, hat Steinweg Zeit zum Plaudern. Denn heute hat er Unterstützung durch seinen neuen Kollegen Enno Eller. „Das war nie eine Rote Karte“, ruft dieser gerade erbost ins Mikrofon. Die beiden wechseln sich beim Kommentieren ab. Es scheint, als wären sie ein seit Jahren eingespieltes Team, dabei ist es erst ihr zweiter gemeinsamer Einsatz. Das Handwerkszeug zum Blindenreporter erlernte Eller bei einem Seminar an der Kölner Sporthochschule.

Die Dozenten, WDR-Fußballkommentator Burkhard Hupe und Bayer Leverkusen-Blindenreporter Björn Nass, brachten den Studenten bei, was den Unterschied zwischen einer gewöhnlichen Rundfunkreportage und einer Blindenreportage ausmacht. „Immer auf Ballhöhe sein, immer verorten, wo sich der Ball gerade befindet.“

„Du musst eben 90 Minuten genau erzählen, was auf dem Rasen und im Stadion passiert“, erklärt Eller. Begleitet wurde das Seminar von den Vorsitzenden des Fanclubs „Sehhunde“, der sich für die Integration von sehbehinderten Fußballfans einsetzt.

Als es noch keinen Blindenreporter in Aachen gab, ist Gerdes nur selten ins Stadion gegangen, weil er zu wenig mitbekam. „Ich bin begeistert, dass wir jetzt zwei Reporter haben“, sagt er. Seit Eller dabei sei, kriege er mehr Hintergrundinformationen, weil dieser auch an Statistik-Fans denke.

Auch Steinweg freut sich über den Neuzugang, denn manchmal kann nicht ins Stadion kommen. „Außerdem ist es einfach sehr anstrengend, wenn du 90 Minuten nonstop redest“, sagt er.