Spuren von Pferdefleisch auch bei deutschem Hersteller
Berlin (dpa) - Spuren von Pferdefleisch sind jetzt auch in einem Fertigprodukt eines deutschen Lebensmittelherstellers gefunden worden.
Die Dreistern-Konserven GmbH & Co. KG aus dem brandenburgischen Neuruppin teilte am Freitag mit, dass in „Rindergulasch 540g Omnimax“ Spuren von Pferde-DNA nachgewiesen“ worden seien. Bisher stehen französische Hersteller im Fokus der Pferdefleisch-Debatte. Insgesamt nahm der Handel Hunderttausende Packungen Lasagne aus den Tiefkühltruhen. Die Ware wird vernichtet.
Nach Auskunft von Dreistern-Konserven war das Produkt mit dem Mindesthaltbarkeitsdatum 05.11.2015 über Filialen verschiedener Unternehmen des Lebensmitteleinzelhandels vertrieben worden. Betroffene Waren seien aber bereits vorsorglich aus dem Sortiment der Händler genommen worden. Die nachgewiesenen Spuren von Pferde-Erbgut könnten „im Rahmen der Fleischverarbeitung bereits durch die Nutzung gemeinsamer Schlachthäuser oder Transportbehälter entstanden sein“.
Zuvor hatte bereits Aldi Süd mitgeteilt, Gulasch des Lieferanten Omnimax vorsorglich aus dem Verkauf zu nehmen. Das Produkt sei von Aldi Süd nur in Nordrhein-Westfalen verkauft worden. Zudem nehme Aldi Süd „Ravioli, 800g Dose (Sorte Bolognese)“ eines anderen Lieferanten vorsorglich aus den Regalen. Bei eigenen Analysen seien bei diesen beiden Produkten Anteile von Pferdefleisch nachgewiesen worden.
Auch der Discounter Lidl stoppte den Verkauf eines Nudelgerichts. Die „Tortelloni Rindfleisch“ der Firma Gusto GmbH seien in Deutschland aus Gründen des vorbeugenden Verbraucherschutzes vom Markt genommen worden, teilte eine Sprecherin mit. Bei Lidl in Österreich war darin Pferdefleisch gefunden worden. Die Gusto GmbH gehört zur Hilcona AG mit Sitz in Liechtenstein.
Nach Angaben von Hilcona wies eine erste Untersuchung von Behörden in Österreich Pferdefleisch in dem Produkt „Combino Tortelloni Rindfleisch“ von Lidl nach. Dieses sei in Deutschland und Österreich erhältlich gewesen, aber bereits aus den Regalen genommen worden. Eine zweite Probe sei aber negativ gewesen. Die EU-Staaten wollen bei der Fahndung nach falsch deklariertem Pferdefleisch nun Gentests machen. Darauf einigten sich Vertreter der 27 Staaten in Brüssel. Die EU-Kommission übernimmt teilweise die Kosten der Untersuchungen, die bis spätestens Ende März abgeschlossen sein sollen. Bis dahin sollen die nationalen Behörden 2250 Rindfleischprodukten testen. Auf jedes Land entfallen dabei zwischen 10 und 150 Gen-Proben.
Branchenkenner äußerten den Verdacht, dass illegal geschlachtete Pferde im Hackfleisch landeten. „Wir können uns nicht vorstellen, dass Pferdefleisch zu einem Bruchteil des Preises für Rind legal gehandelt wird“, sagte der Sprecher des Deutschen Fleischer-Verbands (DFV), Gero Jentzsch. Weil der Markt für Pferdefleisch so klein ist, können allerdings weder der DFV noch die Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI) in Bonn einen genauen Preis für Pferdefleisch nennen.
Die Arzneimittelkommission Deutscher Apotheker warnte vor dem Medikament Phenylbutazon, das in exportiertem Pferdefleisch aus Großbritannien entdeckt wurde. „Es ist ein stark wirksames Mittel gegen Entzündungen im Körper und keinesfalls total unproblematisch“, sagte die Expertin Petra Zagermann-Muncke. Als Nebenwirkungen seien schwere allergische Reaktionen - Hautausschläge oder Asthma - oder Blutbildschäden möglich, auch unabhängig von der Dosis. Phenylbutazon wird bei Pferden als Dopingmittel verwendet.
Die Verbraucherzentralen kritisierten ungenügende amtliche Informationen für die Kunden über den Pferdefleisch-Skandal. Der deutsche Lebensmittelhandel wies den Vorwurf zurück, Supermarktketten hätten ihre Kunden zu spät über mögliches Pferdefleisch in Tiefkühl-Lasagne informiert. Die Firmen hätten angesichts erster Verdachtsfälle die Produkte vorsorglich aus dem Verkauf genommen, teilte Präsident Friedhelm Dornseifer vom Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels mit.
Die Supermarktkette Kaiser's Tengelmann geht davon aus, dass auch ihre Lasagne der Eigenmarke A&P Pferdefleisch enthält. Der französische Hersteller Comigel habe seine Kunden offiziell informiert, dass unabhängige Labore in Fertiggerichten aus seiner Produktion Pferdefleisch entdeckt hätten. Eigene Testergebnisse lägen noch nicht vor, erklärte Kaiser's Tengelmann. Das Handelsunternehmen Konsum Leipzig nahm seine „Lasagne Bolognese Gut&Günstig“ aus den Tiefkühltruhen seiner etwa 70 Filialen.
„Es ist nicht ausgeschlossen, dass wir noch weitere Proben mit Pferdefleisch entdecken“, sagte der Sprecher des österreichischen Gesundheitsministeriums, Fabian Fußeis, nach dem Fund bei Lidl. Nach Angaben französischer Ermittler soll der Hersteller Comigel rund 4,5 Millionen Fertiggerichte mit falsch deklariertem Pferdefleisch der Firma Spanghero hergestellt haben, die dann an mindestens 28 Unternehmen in 13 europäischen Ländern verkauft wurden.
Spanghero bestritt erneut, für falsch deklarierte Lieferungen verantwortlich zu sein. „Ich weiß nicht, wer es ist, aber wir sind es nicht“, sagte der Chef der französischen Firma, Barthélémy Aguerre, am Freitag dem Radiosender Europe 1. Das bei Spanghero angekommene Fleisch sei stets als Rind deklariert gewesen.
Bundesweit werden Zehntausende Packungen mit Fertig-Lasagne als Folge des Skandals vernichtet. Handelsketten nahmen massenhaft verdächtige Ware aus den Regalen, in Kühlhäusern gelagerte Produkte wurden sichergestellt. Allein in Brandenburg blockierten die Behörden rund 26 000 Packungen, weil sie statt des angegebenen Rindfleischs möglicherweise Pferd enthalten. In Mecklenburg-Vorpommern wurden gut 11 000 Packungen Lasagne unter Pferdefleisch-Verdacht aus Lagern und Kühlregalen genommen.
Auch in Großbritannien tauchten erneut Spuren von Pferdefleisch in Rindfleischprodukten auf.