Stadtbahnen geraten auf das Abstellgleis

Im Verkehrsnetz gibt es Sanierungsbedarf in dreistelliger Millionenhöhe.

Düsseldorf. Schnell, verlässlich, bequem. Das war in den 60er Jahren die Vision für den Nahverkehr der Zukunft. Ihr Name: Stadtbahn. 1972 ging die erste oberirdische Modellstrecke in Bochum in Betrieb, 1977 der erste Tunnel in Essen — und alles wurde in der Regel zu 90 Prozent von Bund und Land bezuschusst. Jetzt sind die Anlagen marode. Beispiel U 18: Auf dem drei Kilometer langen Teilstück vom Essener Ruhrschnellwegtunnel bis zur Mülheimer Stadtgrenze (Inbetriebnahme: Mai 1977) bröseln die Schwellen vor sich hin, die grauen Beton-Stationen sehen wenig einladend aus.

Die Essener Verkehrs-AG (Evag) sieht Erneuerungsbedarf in Höhe von neun Millionen Euro. Zudem sei eine neue Zugsicherungsanlage fällig für 41 Millionen. Das aber kann die Evag nicht stemmen. Denn während die Anschaffung der Anlage stark bezuschusst wurde (14 von 16 Millionen Euro), gibt es für die Sanierung keinen Cent.

Den Grund erklärt Dirk Biesenbach, Chef der Düsseldorfer Rheinbahn: „Es gibt keinerlei Fördertopf für Ersatz-Investitionen. Man hat damals für viel Geld etwas hingestellt, aber keiner hat darüber nachgedacht, was 30 Jahre später ist.“ Die Rheinbahn braucht ein neues Betriebsleitsystem für rund 120 Millionen Euro. Auch mehr Brandschutz und die Erneuerung der 100 Fahrzeuge sind nötig. Dabei gibt es die merkwürdige Situation, dass neue Züge zu 25 Prozent gefördert werden, eine billigere Rund-umerneuerung aber nicht.

Biesenbach schätzt den Investitionsbedarf an Rhein und Ruhr in den nächsten fünf Jahren auf 800 Millionen Euro. Dies könnten weder die Unternehmen noch die Kommunen aufbringen. Die stecken in derselben Zwickmühle: In Düsseldorf etwa gehören die U-Bahn-Tunnel der Stadt. Dass es nur einen Fördertopf für Neu-Investitionen, nicht aber für Sanierungen gibt, hält Verkehrsreferent Bernd Thomas für einen „Strukturfehler“. Man werde das beim Städtetag thematisieren.

„Das Problem ist bekannt, auf die Unternehmen kommt eine Kostenlawine zu“, bestätigt Verkehrs-Staatssekretär Horst Becker. Die Verkehrsminister der Länder würden sich damit befassen. Und er spielt den Ball weiter: „Auch der Bund darf sich nicht aus der Finanzierung zurückziehen.“