Starkoch Jamie Oliver scheitert an US-Fast-Food
Jamie Oliver kämpft für gesundes Essen in amerikanischen Schulen. Doch den Kindern sind Burger lieber.
New York. Jamie Oliver ist der Apostel des gesunden Essens im alles frittierenden Großbritannien. Seit Jahren predigt er dort von gesunder Ernährung und naturbelassenen Zutaten. Jetzt ist er mit seiner TV-Show "Jamie Oliver’s Food Revolution" auf kulinarischer Mission im Land des Fast Foods: in den USA.
Und gleich zu Anfang verschlägt es ihn in Amerikas Spitzenstadt des ungesunden Essens, nach Huntington in West Virginia. Der staunende US-Zuschauer erfährt etwas über übergewichtige Familien, Pizza zum Frühstück und Grundschüler, die noch nie mit Messer und Gabel gegessen haben.
Zunächst wirken die Szenen völlig normal. Die Kinder, sieben, acht Jahre alt, vor einem großen Stück Pizza in der Schulspeisung. Dann kommt die Einblendung "7.40 Uhr - Frühstück". Oliver steht schockiert daneben. "Pizza zum Frühstück", fragt er die Küchenfrauen, "bei uns in England gibt es das zum Mittag." Die zucken mit den Schultern: "Bei uns auch. Morgen gibt es die Pizza zum Mittag."
"Warum gibt es eigentlich nur Finger Food? Wo ist das Besteck?", fragt er wieder. Die Küchendamen können die Frage nicht fassen. "Wir sind eine Grundschule! Die ältesten Kinder sind gerade zehn!" Oliver sagt, dass in Europa selbst im Kindergarten der Umgang mit Besteck geübt werde. Schweigen bei den Küchenfrauen. Dann fragt eine voller Unglauben und Hohn: "Gibt es da Nachweise für?" Ein amerikanischer Radiomoderator fährt Oliver in einem Interview an:
Eigentlich gut für die Quote: Zwei Welten prallen aufeinander. Ein begabter, aber für die Amerikaner arroganter Brite trifft auf das vielleicht unbelehrbarste Volk der Welt. Die USA sind ein stark übergewichtiges Land. Je ländlicher, je südlicher, je ärmer, desto mehr Fleisch wird gegessen, Essen frittiert, Gemüse ignoriert und desto mehr Fett wabbelt auf den Hüften.
Ein "dickes" Problem hat laut einer Regierungsstudie vor allem die Stadt Huntington: Mehr als 45 Prozent der Erwachsenen sind übergewichtig, jeder siebte hat Diabetes, die Hälfte der 65-Jährigen keinen eigenen Zahn mehr im Mund. Nur die Spitze des Eisbergs in einer Region, in der es Eiscreme im 1,5-Gallonen-Eimer (5,7 Liter) gibt und "Baconnaise", Mayonnaise mit Speckgeschmack.
Die Ablehnung, auf die Oliver mit seiner Essens-Mission in den USA stößt, lässt ihn schließlich in Tränen ausbrechen: "Sie verstehen mich nicht, sie wissen nicht, warum ich hier bin", schluchzt er in der Küche der Grundschule. Und diese Ablehnung schlug sich schließlich auch in der Quote nieder: Nur 6,1 Millionen Menschen schalteten in der Auftaktsendung ein. In der Schule erkennen die Kinder keine Tomaten, bei Kartoffeln herrscht Schweigen. "French fries", rufen dagegen alle, als Oliver eine Pommes frites hochhält.
Dann zeigt der Koch Hühnerabfälle, die Kinder ekeln sich. Er püriert und paniert die Knochen, Knorpel und Fett und fertigt so Hühnernuggets. "Na, wollt Ihr jetzt immer noch Chicken Nuggets essen?", fragt er erwartungsvoll. Die Kinder, eben noch angewidert, überlegen keine Sekunde: Alle Finger gehen hoch.