Stilettos in der Landschaft - Moderne Kunst im Freien
London (dpa) - Ein gigantischer Stiletto in grellem Pink ragt aus dem englischen Rasen hervor - im Hintergrund die klassische Kulisse eines der schönsten Landhäuser im englischen Barock-Stil.
Chatsworth, seit dem Mittelalter Sitz der Herzöge von Devonshire, gab dem irischen Konzeptkünstler und Maler Michael Craig-Martin freie Hand, dem grandiosen Haus und weitläufigen Parkanlagen seinen künstlerischen Stempel aufzudrücken.
Seine Installationen sind in Chatsworth, in der Grafschaft Derbyshire, vom 16. März bis zum 29. Juni zu sehen.
„Zuerst war ich von der Aufgabe völlig überwältigt, aber nun ist das Projekt zu einem der wichtigsten meiner Karriere geworden“, sagte der 72-jährige Künstler vor Journalisten. Sein High-Heel-Schuh ist eine von 12 Riesenplastiken aus Stahl, die er nach Zeichnungen schuf. Dazu zählen überdimensionale Mistgabeln in violett und gelb, eine blaue Schere, eine rote Schubkarre und bunte Regenschirme, die um Wasserbecken und Springbrunnen platziert sind.
„Das Haus ist eine Extravaganz und Stilettos sind eine Extravaganz“, sagte der Künstler zu der zentralen Platzierung seines dreieinhalb Meter hohen Schuhs. Aber keines der Objekte, die er in dem von Lancelot „Capability“ Brown (1716-1783) gestalteten Park aufstellte, stehe an seinem ursprünglichen Ort. Licht und Wetter hätten ständig neue Perspektiven geschaffen.
Ihm sei es darum gegangen, „Alltagsobjekte“ in die klassische Umgebung zu setzen. „Der Vergangenheit kann man am besten damit seine Ehre erweisen, dass man Dinge schafft, die für die Gegenwart relevant sind“, sagte Craig-Martin in einem Interview des „Telegraph Magazine“. Der Künstler - ein glühender Anhänger von Marcel Duchamp, Wegbegleiter des Dadaismus und Surrealismus - studierte in den 1960er Jahren in Yale unter dem Einfluss von Bauhaus-Lehrer Josef Albers.
Er gilt als Ziehvater der Generation der Young British Artists wie Damien Hirst, Sarah Lucas und Gary Hume, die er in den 1980/90er Jahren am Goldsmith College in London unterrichtete. Craig-Martins Werk, von Installationen über Gemälde bis zu Computer-Porträts, wird international ausgestellt - zuletzt 2013 auch im Kunstmuseum Krefeld. Er lebt in London.
Auch in den Staatsräumen und Galerien von Chatsworth, wo die Förderung moderner Kunst Tradition hat, gab der jetzige Herzog dem Künstler freie Hand. Schon lange schmückt eine Skulptur von Damien Hirst die Kapelle von Chatsworth, und Werke zeitgenössischer Künstler mischen sich diskret unter Alte Meister und Statuen aus dem alten Ägypten.
In der Galerie neo-klassizistischer Skulpturen - darunter sechs Figuren von Antonio Canova - hat Craig-Martin die mit Marmor und Mosaik verzierten Sockel einfach unter Boxen versteckt, die mit dem Stoff seiner Lieblingsfarbe - Magenta - bezogen sind. Er wolle damit das Auge des Betrachters ohne jede Ablenkung auf das eigentliche Kunstwerk lenken. „Ich möchte, dass die Menschen das Potenzial des Wunders in Dingen erkennen, die wir ständig sehen“, sagte Craig-Martin.