Studie um Missbrauch in Kirche droht das Aus

Trier/Hannover (dpa) - Um die wissenschaftliche Aufarbeitung des Missbrauchsskandals in der katholischen Kirche ist heftiger Streit entbrannt, in dessen Folge das Projekt zu scheitern droht.

Die Deutsche Bischofskonferenz und der von ihr mit der umfassenden Untersuchung beauftragte Kriminologe Christian Pfeiffer erheben schwere Vorwürfe gegeneinander. Noch ist das Aus der bereits 2011 angekündigten Studie noch nicht besiegelt: „Ob mit Pfeiffer oder ohne, das Projekt läuft weiter“, sagte der Sprecher der Deutschen Bischofskonferenz, Matthias Kopp, am Dienstag der Nachrichtenagentur dpa. Beide Seiten haben sich bis Ende dieser Woche eine Frist gesetzt, um über den Fortgang der Studie zu entscheiden.

Wie der „Trierische Volksfreund“ (Mittwoch) berichtet, stößt sich die Kirche am Auftreten Pfeiffers und sieht das Vertrauensverhältnis als zerrüttet an. „Das Projekt stockt“, sagte Kopp der Zeitung. Pfeiffer seinerseits ist über die nachträgliche Forderung der Kirche entrüstet, in die Veröffentlichung von Forschungsergebnissen eingreifen zu können. Nach dpa-Informationen hatte die Kirche nach Widerstand in den eigenen Reihen Veröffentlichungen notfalls verbieten, zumindest aber schriftlich genehmigen wollen. Eine vorzeitige Kündigung des Vertrages wurde dem Institut angekündigt.

Der 2010 bekanntgewordene Skandal um den jahrzehntelangen sexuellen Missbrauch vieler Kinder und Jugendlicher in katholischen Einrichtungen hatte die Kirche in ihren Grundfesten erschüttert. Das Forschungsvorhaben war von der Kirche als ein Baustein gedacht, um die Problematik zu analysieren, neue Missbrauchsfälle zu verhindern und Vertrauen zurückzugewinnen.

Um Licht in das dunkle Kapitel der Kirche zu bringen, sollte das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen (KFN) sexuellen Missbrauch von Minderjährigen auf der Grundlage von Personalakten seit 1945 unabhängig aufarbeiten. Zur Wahrung des Datenschutzes hätte das KFN anonymisierte Daten aus den Akten erhalten, die Archivmitarbeiter und geschulte Juristen sichten sollten. Damit hätten erstmals kirchenfremde Fachleute Zugang zu den Kirchenarchiven erhalten. Ein Zusammenschluss konservativer Priester protestierte aber schnell gegen fremde Blicke in die Akten.

Das Projekt sei „an den Zensur- und Kontrollwünschen der Kirche gescheitert“, sagte Pfeiffer der „Süddeutschen Zeitung“ (Mittwoch). Zudem habe er aus der Kirche Hinweise erhalten, dass in mehreren Diözesen Missbrauchsakten vernichtet worden seien. Der Sekretär der Bischofskonferenz, Hans Langendörfer, widersprach dieser Darstellung. „Für eine Vernichtung von Täterakten habe ich keinerlei Anhaltspunkte.“

Es habe in der Tat Schwierigkeiten bei der Zusammenarbeit zwischen Pfeiffer und der katholische Kirche gegeben, hieß es am Dienstagabend aus Kirchenkreisen. Nach Gesprächen sei eine Bedenkfrist von beiden Seiten vereinbart worden, um eine Entscheidung über eine mögliche Fortsetzung der Kooperation zu treffen. Die Frist laufe noch bis Ende dieser Woche, hieß es. Der Missbrauchsbeauftragte der Deutschen Bischofskonferenz, Triers Bischof Stephan Ackermann, werde sich zu dem Sachverhalt erst äußern, wenn eine Entscheidung getroffen worden sei, sagte der Sprecher des Bistums Trier auf dpa-Anfrage.