Von Alexa bis Zuckerwatte Szene-Lexikon: Was 2017 angesagt war
Berlin (dpa) - Craft Beer, Einhorn-Produkte, entblößte Knöchel, das Trendgetränk Kurkuma Latte und Pokémon Go waren 2017 noch angesagt, auch wenn sie eher zu den Trends des Vorjahres gehörten.
Eine Auswahl, was 2017 an Szene-Hits und neuen Phänomenen zu beobachten war - alphabetisch geordnet:
ALEXA: Amazons Sprachassistent mit den Boxen Echo oder Dot hielt in immer mehr Haushalten Einzug. Microsofts Cortana, Googles Assistant oder Apples Siri gibt es auch. Das ist die Zukunft, heißt es oft. Noch gibt es immer wieder Missverständnisse oder Anwendungsfehler: So feierte Alexa in einer leeren Wohnung in Pinneberg bei Hamburg mit lauter Musik eine Party und löste einen Polizeieinsatz aus - der Nutzer hatte sie versehentlich per Smartphone ferngesteuert.
„AMERICA FIRST, THE NETHERLANDS SECOND“: Gegen Trump sein war 2017 in. Die Worte „America First“ des US-Präsidenten veranlassten niederländische Satiriker dazu, in einem Clip zu zeigen, warum ihr Land gleich auf Platz zwei kommt! Die ironische Anbiederungsidee ging viral und brachte allerhand lustige „Second“-Länder-Videos hervor, etwa aus der Schweiz, Israel und Deutschland (von Jan Böhmermann).
APPROPRIATION, CULTURAL: kulturelle Aneignung - in linksalternativen Kreisen wurden Fragen wie „Dürfen nur Jamaikaner Dreadlocks tragen?“ zum Streitthema. Die Debatte um angeblich verbotene Aneignung durch Weiße scheint übrigens selbst aus den USA - äh?! - angeeignet.
APRILSCHERZE: waren in Zeiten von Fake News irgendwie total out.
„BABYLON BERLIN“: Bei den vielen Serien begeisterte diese international anschlussfähige besonders - 2017 lief die deutsche Produktion bei Sky, 2018 läuft sie in der ARD. Beeindruckend ist ein Berliner Nachtclub darin, der besser als das „Berghain“ zu sein scheint. Lass uns ins „Moka Efti“ gehen! Kultlied „Zu Asche, zu Staub“.
BAUCHTASCHE: Vom Fremdschäm-Artikel bei Touristen zum angesagten Accessoire. In Vorstädten oder Berliner Clubs trugen es viele schon länger, nun aber bekam die gute alte Bauchtasche, getragen als Brusttasche, ihren Segen von angesagten Modemarken.
COMPRESSION TIGHTS: Männer trugen Leggins („Meggins“), die allerdings - wie in Amerika - lieber Compression Tights genannt werden und beim Workout schützen sollen. Und damit das nicht nach Leggins aussieht, wurden oft lockere Shorts über der engen Laufhose getragen. Der auch bei Fahrradkurieren beliebte Tights-and-Shorts-Look eroberte sogar die Clubszene und funktioniert auch bei Winterwetter.
COLETTE: Der berühmte Concept Store - Karl Lagerfelds Lieblingsladen, wie es heißt - auf der vornehmen Rue Saint-Honoré in Paris verkündete nach 20 Jahren, für immer zu schließen. Das Ende einer Ära für alle Fashion-Victims und Shopping-Nerds.
DAMPFEN: Ob verdampfen nun besser als verbrennen ist, bleibt umstritten. die E-Zigarette - mit oder ohne Nikotin - verbreitete sich jedenfalls weiter. Dampfer sind die neuen Raucher.
„DESPACITO“: Der sexlastige Sommerhit von Luis Fonsi und Daddy Yankee war wohl der Welthit des Jahres. Ein Ohrwurm, der von 2017 bleibt und außerdem für das US-Außengebiet Puerto Rico wirbt. Übersetzt bedeutet er „Ganz langsam“ und besingt die Verführung einer Frau. Eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Latino-Erfolgssong wies im Laufe des Jahres dann das Liedchen „Senorita“ von Kay One und Pietro Lombardi auf. Puh!
DEUTSCHE SERIEN: 2017 war das Jahr der ersten deutschen Eigenproduktionen bei mehreren Video-on-Demand-Anbietern. Maxdome brachte die Buddy-Serie „Jerks“ mit Christian Ulmen und Fahri Yardim, Amazon Prime Video dann die Thriller-Serie „You Are Wanted“ von und mit Matthias Schweighöfer und Netflix die Serie „Dark“.
EHE FÜR ALLE: In Deutschland dürfen nun auch Frauen Frauen und Männer Männer heiraten.
ERNÄHRUNGSHYPOCHONDER: Typ Mensch, der einem öfter begegnete - Leute, die ohne ärztliche Diagnose bestimmte Lebensmittel meiden. Gefühlt leiden viele unter Laktose- und Glutenintoleranz und anderem, statistisch haben solche Allergien aber nur wenige Erwachsene.
FACK JU GÖHTE 3: Millionen strömten in den dritten Teil der Schulkomödie mit Hauptdarsteller Elyas M'Barek.
FIDGET SPINNERS: Nach dem digitalen Pokémon Go letztes Jahr war das diesjährige Hype-Spiel analog. Das Drehspielzeug für nervöse Fingerspitzen war nicht nur auf Schulhöfen der Renner. „Fidget“ bedeutet fummeln/herumzappeln, „spinner“ heißt Kreisel.
FITNESS-TRACKER: Gefühlt trug jetzt fast jeder ein Fitnessarmband oder einen Fitness-Tracker mit Schrittzähler am Handgelenk, was die Datensammelei am eigenen Körper (Puls, Schlaf, Kalorienverbrauch, gelaufene Stockwerke) zum Hobby des Jahres zu machen schien.
GEMÜSE: In der Küche sowieso Trend. Erfreute sich aber auch in Eisdielen größerer Beliebtheit - wie wäre es mit Rote-Beete-Eis?
HAMBURG: „Berlin is over - what's next?“, heißt es bei einigen Trendsettern schon länger. Die deutsche Hauptstadt kämpft gegen billigen Party-Tourismus und teurer werdenden Wohnraum. Als neue deutsche Lieblingsstadt - etwa vom „Lonely Planet“ - wurde in diesem Jahr Hamburg genannt. Klar: Sehenswürdigkeit Elbphilharmonie!
HAVANNA: Der Luxus kehrt nach Kuba zurück - viele wollten schnell hin, bevor der 50er-Jahre-Charme vollends verloren ist.
HYGGE: Noch stärker als 2016 schien der mit dem Wort zumindest an Dänemark orientierte Gemütlichkeits-Trend „Hygge“ (Sehnsucht nach Komfort, Geborgenheit und Gebundensein). Es geht auch darum, es sich in den eigenen vier Wänden schön zu machen - etwa mit weichen Decken.
INTERMITTIERENDES FASTEN: Trendthema bei Gesundheits- und Wellness-Fans. Die einen fasteten 12 Stunden und aßen dann wieder 12 Stunden. Andere verzichteten sogar 24 Stunden. Bei der 16:8-Methode darf man 8 Stunden lang essen und muss dann 16 Stunden lang fasten.
I BIMS: Zum „Jugendwort des Jahres“ kürte eine Jury nach „Läuft bei dir“ (2014), „Smombie“ (Smartphone-Zombie; 2015) und „Fly sein“ (voll abgehen; 2016) das absurde „I bims“ (Ich bin/bin's) aus der im Internet beliebten, ironischen sogenannten Vong-Sprache. Nach dem angesagten „Was ist das für 1 Life!“ im letzten Jahr und jetzt „I bims“ könnte der Vong-Sprache-Hype nun aber langsam durch sein.
INDOOR-SKYDIVING: Vertikale Windkanäle, in denen man den freien Fall und das Bodyflying probieren kann - einen Fallschirmsprung im Haus sozusagen - wurden dieses Jahr mehrere in Deutschland eröffnet.
JACKFRUCHT: Die asiatische Frucht schien die neue Avocado zu sein. Erinnert unreif und faserig an Hähnchenbrust und vom Geschmack her auch an Zucchini. Sie wird zum Beispiel für Currys verwendet. Reif schmeckt die Frucht süß - wie ein Mix aus Ananas, Mango und Banane.
KUCHENTEIG ZUM LÖFFELN: Ob in New York oder Berlin - ein Kindertraum wurde wahr. Süßen Teig aus der Rührschüssel oder vom Backblech zu naschen, wurde zum Geschäftsmodell. Roher Kuchen- oder Keksteig wird nun kugelweise im Becher verkauft. Instagramfutter!
LIEFERDIENSTE: Wer keine Zeit oder Lust zum Kochen hat, bestellt sein Essen gerne online. Start-ups machten daraus ein Milliardengeschäft. Doch das Liefergeschäft von Foodora, Deliveroo und Co ist hart. Die Bringdienste gerieten 2017 auch wegen ihrer Provision für die Restaurants sowie die Arbeitsbedingungen der Kuriere in die Kritik.
LUTHER: Im Jahr des 500. Reformationsjubiläum stoppte die Evangelische Kirche im Rheinland eine Kondom-Verteilaktion der Jugendkirche Düsseldorf. Sie wollte Präservative unters Volk bringen mit Martin Luther zugeschriebenen Sprüchen wie „Hier stehe ich, ich kann nicht anders“. Das fand die Kirche nicht so lustig. Ein Erfolg dagegen war der kleine Playmobil-Luther.
„MENSCHEN LEBEN TANZEN WELT“: Jan Böhmermann bashte rechtzeitig zur Echo-Preisverleihung die Musikindustrie und Stars wie Max Giesinger: Er ließ für sein ZDFneo-Magazin Affen einen Text für eine Satire über sogenannte Pop-Poeten anfertigen.
NACKTE: Hüllenlosigkeit schien tabuloser im Alltag vorzukommen und kaum noch als Skandal - sei es im TV bei „Adam sucht Eva“ (RTL) mit „Raketenmann“ Bastian Yotta oder aber in der Dating-Show „Naked Attraction“ (RTL II), bei der Singles die Kandidaten zuerst nackt von den Füßen aufwärts zu sehen bekommen und Attraktivität bewerten. Achja: Und in Paris gibt es jetzt ein Nackt-Restaurant - „O'Naturel“.
ORIGINALITÄT: Nach dem Hype um das teure DHL-Shirt von Vetements im letzten Jahr erntete nun das klassische Levi's-T-Shirt Hype und Hass.
OVERSIZE: Ein dunkler Oversize-Mantel zu pinkfarbenem Pulli und einer bunten Strumpfhose - das war die Saisonmode auf einmal getragen, wenn frau den Pariser Prêt-à-Porter-Schauen für 2017/18 folgte. Frau kann natürlich auch - wie Kim Kardashian - einen viel zu großen schwarzen Anzug mit nix drunter tragen.
PIXIE CUT: Der „Elfenschnitt“ war die Sommerfrisur des Jahres bei Frauen. Der Kurzhaarschnitt schmückte Stars wie Katy Perry. Einen Stoppelkopf trug auch Cara Delevingne.
POLITISCHE MODE: T-Shirts mit Slogan oder Statement, feministischen oder ironischen Botschaften erlebten ein Mode-Comeback. Nicht zu vergessen auch die sogenannte Pussyhat-Mütze gegen Trump.
QUATSCH: Da die Weltpolitik vielen absurd erscheint, lenkten sich immer mehr mit Satire ab - so wurden Posts in sozialen Netzwerken von TV-Sendungen wie „Extra 3“ und „heute-Show“ oder aber vom Portal „Der Postillon“ oftmals mehr beachtet als ernstgemeinte Analysen.
RIOTHIPSTER: Viel Abscheu erntete ein bärtiger Mann, der mitten im Geschehen der G20-Krawallen in Hamburg ein Selfie von sich und einer brennenden Barrikade machte.
SAMT: Das Trendmaterial des Jahres - egal ob bei Klamotten oder bei Kissen oder Sitz-Poufs.
SCHOKOLADENPIZZA: Ist das jetzt nicht eher ein Kuchen? War jedenfalls Smalltalkthema und Grund zum Kopfschütteln - Werbe-Coup eines Tiefkühlproduzenten. Die sogenannte Pizza hat als Ganzes übrigens etwa 1000 Kalorien - mehr als eine Salamipizza desselben Herstellers.
SLUMPING: absurder Frauenmode-Hype. Beim „Slumping“ (Absacken) wurden Mäntel und Blazer nur noch auf Halbmast getragen, Jeans-, Bomber- oder Lederjacken kunstvoll an den Schultern drapiert.
SPEED-WATCHING: Wer beim Überangebot in TV und Streaming-Diensten kaum noch hinterherkommt, guckte die Folgen der Serien jetzt angeblich einfach mit doppelter Geschwindigkeit.
TACOS: Mexikanisches Essen schien angesagt zu sein. Tacos sind die neuen Burger? Nunja, Hamburger gibt es natürlich nach wie vor öfter.
UNVERPACKT-LÄDEN: Kampf der Wegwerfgesellschaft. Es gibt nun immer mehr Läden, in denen man Produkte des täglichen Bedarfs wie etwa Nudeln, Nüsse und Reis nicht in Plastikverpackungen, sondern in Gläsern oder mitgebrachten Behältern bekommen kann.
VEGETARISMUS: Der Restaurantführer Guide Michelin verlieh seine begehrten Sterne erstmals in Deutschland auch an zwei Lokale, die rein vegetarisch kochen: das „Cookies Cream“ in Berlin und das „Seven Swans“ in Frankfurt am Main haben jeweils einen Stern.
VERBOTERITIS: Immer mehr Cafés scheinen ihre Gäste aussortieren zu wollen: Zutritt verboten für Kinderwagen, Jogginghosen, Dirndl- oder Trachtenträger. Alles schon gesehen.
„WAS DU LIEBE NENNST“: Rapper Bausa erzählte in dem Nummer-eins-Hit von einer Frau, bei der er sich für eine Nacht das holt, was sie Liebe nennt. One-Night-Stand als Trost - wie im Schlager. Apropos: Helene Fischer war wieder die Erfolgreichste beim Verkauf von Alben.
XENNIAL: Begriff für die zwischen 1977 und 1985 Geborenen, die also noch weitgehend eine analoge Kindheit hatten. Sie sitzen zwischen den Generationen X und Y (Millennials). Xennial-Erfinderin Sarah Stankorb stellte fest, ihr Wort von 2014 habe erst 2017 seinen Durchbruch erlebt, weil ihn nun ein australischer Professor aufgegriffen habe.
YOLOCAUST: Um das pietätlose Verhalten mancher Besucher des Holocaust-Mahnmals in Berlin vorzuführen, machte der Autor Shahak Shapira sich über die Selfies her, die Touristen dort schießen. Er suchte sich Fotos aus und montierte ihre Protagonisten in historische Aufnahmen aus dem Holocaust, den deutschen Vernichtungslagern.
ZUCKERWATTE AM EIS: Trend, der aus Südkorea stammen soll, wurde in New York und London dieses Jahr gehypt. Instagramfutter!