Tag der Organspende: Lange warten auf die Niere
Täglich sterben drei Menschen, die auf ein Organ warten. Zwar wird so viel transplantiert wie nie, doch die Zahl der Spender ist zu gering.
Berlin. Die Kritik war gewaltig: Von "moralisch verkommen" über "voyeuristisch" bis "makaber" reichten die Beurteilungen. Trotzdem ließ der niederländische Fernsehkanal BNN in seiner "Big Donor Show" am Freitagabend um eine Spenderniere spielen. Die 37-jährige, an einem Hirntumor erkrankte Lisa musste sich entscheiden, welcher der drei Kandidaten nach ihrem Tod eine Niere von ihr erhält.
Ob die Transplantation wirklich stattfinden wird, ist allerdings noch nicht klar. Die niederländische Transplantationsstiftung erklärte am Freitag, keine ihrer neun Spezialkliniken werde die Operation vornehmen. Auch der niederländische Ärzteverband protestierte gegen die Sendung. Die Transplantation drohe wegen der "medizinischen, juristischen und ethischen Probleme" zu scheitern.
Laurens Drillich, Chef des öffentlich-rechtlichen Fernsehsenders BNN, sieht das anders. Er gab zwar zu, dass seine Sendung "geschmacklos" und moralisch fragwürdig sei, aber er rechtfertigte sich damit, dass der enorme Spendermangel in Holland noch geschmackloser sei.
Die holländische Sendung heizt auch die Diskussion in Deutschland an, denn hier ist die Situation ähnlich: Laut der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) sterben täglich drei Menschen, die auf der Warteliste für eine Organspende stehen.
Rund 12 000 schwer kranke Menschen warteten auf ein lebensrettendes Herz, eine Lunge, eine Leber oder eine Bauchspeicheldrüse, teilte die DSO zum heutigen Tag der Organspende mit. Die Wartezeit für eine Niere betrage inzwischen im Schnitt sechs Jahre.
Rund 4000 Organe wurden im vergangenen Jahr in Deutschland verpflanzt - so viele wie nie zuvor. Zur Zeit spenden nach DSO-Angaben in Deutschland 15 Menschen pro einer Million Einwohner Organe. Die Bereitschaft hat damit im Vergleich zu 1997 um ein Viertel zugenommen.
Aus Sicht der Ärzte und ihrer Patienten liegt sie aber noch nicht hoch genug. "Wir haben die Krankenhausplätze, das Personal und das Know-how. Das einzige, was uns fehlt, sind die Organe", sagte Günter Kirste, DSO-Vorstandsmitglied.
Um die Situation zu verbessern, schlägt die Stiftung vor, in jedem Krankenhaus einen Transplantations-Beauftragten zu ernennen und das Thema stärker in der ärztlichen Aus- und Weiterbildung zu verankern.
Spenderausweis Zwölf Prozent der Deutschen haben einen Organspendeausweis. Er ist die Voraussetzung für eine Transplantation. Liegt kein Ausweis vor, entscheiden die Angehörigen, ob Organe entnommen werden.
Gesetzeslage Seit 1997 regelt das Transplantationgesetz die Spende, Entnahme, Vermittlung und Übertragung von Organen. Eine Sendung wie in den Niederlanden wäre nicht möglich.
Organe In den vergangenen 44 Jahren wurden in Deutschland 84 000 Organe verpflanzt. Darunter waren 57 000 Nieren, mehr als 13 000 Lebern und 9000 Herzen. Auch Lungen, Bauchspeicheldrüsen und Gewebe können transplantiert werden.