Tankschiff mit Schwefelsäure auf Rhein gekentert
St. Goarshausen (dpa) - Schiffsunfall an der Loreley: Nach der Havarie eines mit gefährlicher Schwefelsäure beladenen Tankschiffs auf dem Rhein suchten Helfer am Donnerstag nach zwei Vermissten.
Die Hoffnung auf Rettung schwand jedoch immer mehr. Retter brachten zwei weitere Bootsmänner am frühen Morgen kurz nach dem Unfall bei St. Goarshausen verletzt an Land. Nach Angaben des Umweltministeriums in Mainz gelangte zunächst keine Säure in den Fluss. Die Unglücksursache war zunächst unklar.
Die Helfer überlegten, wie sie das 110 Meter lange Schiff und seine 2378 Tonnen schwere Ladung bergen können. „Das Schiff liegt in einer außerordentlich ungünstigen, schwierigen Lage“, sagte der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD), der sich am Ort ein Bild machte. Weil es auf der Backbordseite liege, komme man an wichtige Anschlüsse und Ventile nicht heran. Dennoch werde überlegt, kleine Mengen Säure abzupumpen.
Schwefelsäure dieser Konzentration habe die Eigenschaft, „dass sie in Verbindung mit Wasser reagiert, dass es zu einer sehr hohen Temperatur kommt, und dass innerhalb von Stunden - je nach Stabilität und Massivität der Stähle - sowohl Tanks als auch Außentanks durchfressen werden und die Ladung dann in den Rhein gelangen würde“, sagte der Regierungschef. In diesem Fall würde die Außenhaut nicht mehr zusammenhalten und eine Bergung wäre damit vermutlich unmöglich.
Auf die Frage, ob einer der beiden Vermissten in einer Luftblase im Schiffsrumpf überlebt haben könne, sagte Beck, dies könne man mit sehr empfindlichen Geräten feststellen. Bei der Suche bereitete den Helfern unter anderem die Wassertemperatur im Rhein Sorge: Bei einer Lufttemperatur von etwa zwölf Grad ist das Wasser nach Angaben des Bingener Wasser- und Schifffahrtszentrums lediglich 4,1 Grad kalt.
Das insgesamt 3400 Tonnen schwere Tankmotorschiff lag so, dass große Teile des Steuerhauses, der Wohnung und der Laderäume versunken waren. Unter anderem suchten Boote, Taucher und ein Hubschrauber mit einer Wärmebildkamera nach den Vermissten. Ihre verletzten Kollegen wurden im Krankenhaus versorgt, es ging ihnen laut Polizei den Umständen entsprechend gut. Die Männer, darunter einer der Schiffsführer, hatten starke Unterkühlungen.
Wieso der Frachter verunglückte, war zunächst unklar. Beck sagte, nach bisheriger Erkenntnis habe sich die aus Deutschen bestehende Mannschaft korrekt verhalten. „Das Schiff war normal in Fahrt und ist plötzlich vom Radarschirm verschwunden“, sagte der Leiter des Wasser- und Schifffahrtsamtes Bingen, Martin Mauermann. „Es ist keine Beteiligung eines anderen Schiffes dabei gewesen.“
Das deutsche Schiff hatte seine Fahrt bei der BASF in Ludwigshafen begonnen und war rheinabwärts ins belgische Antwerpen unterwegs. Der Rhein sollte bis auf Weiteres gesperrt bleiben. „Bei der Bergung sind wir bei weitem noch nicht“, betonte Mauermann. Nun sei es das Wichtigste, das Wrack zu sichern. Nach den Plänen der Feuerwehr soll das Schiff an einem Ponton festgemacht werden.
Schwefelsäure zählt zu den aggressivsten Säuren und ist einer der wichtigsten Grundstoffe für die chemische Industrie. Sie wird beispielsweise zur Herstellung von Düngemitteln, Waschmitteln, Arzneimitteln und Sprengstoffen verwendet. Der Stoff sei weder brennbar noch explosiv und sehr leicht mit Wasser mischbar, sagte Gerd Holzhäuser von der Feuerwehr: „Hier käme uns der Hochwasserstand zugute.“ Nach den Worten einer BASF-Sprecherin werde die 96- prozentige Säure als schwach wassergefährdend eingestuft.
Sollte das Schiff auseinanderbrechen, wird es nach Auskunft des Chemikers Martin Keller von der Bundesanstalt für Gewässerkunde in Koblenz problematisch. Wenn die gesamte Ladung auf einmal austrete, würde sich das Wasser sehr schnell und sehr stark erhitzen. „Das könnte dazu führen, dass der Rhein an dieser Stelle sogar kocht.“