Flutkatastrophe befürchtet Texas rüstet sich für schwersten Hurrikan seit „Katrina“

Washington (dpa) - Der US-Bundesstaat Texas bereitet sich auf einen Hurrikan vor, der verheerende Auswirkungen haben könnte. Der Sturm „Harvey“ war von den Meteorologen am Nachmittag auf die dritthöchste Kategorie der fünfstufigen Hurrikan-Skala angehoben worden.

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Er rollte am Freitag über dem Golf von Mexiko in Richtung texanische Südküste an und könnte zum schwersten Sturm in den USA werden, seit vor zwölf Jahren „Katrina“ die Stadt New Orleans und die umliegende Gegend verwüstet hatte.

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Den Prognosen zufolge soll „Harvey“ in der Nacht zu Samstag (Ortszeit) in der Gegend um die Stadt Corpus Christi auf Land treffen. „Texas steht davor, ein erhebliches Desaster zu erleben“, sagte der Direktor des nationalen Katastrophenschutzes Fema, Brock Long, am Freitag dem Sender CNN.

US-Präsident Donald Trump rief die Bewohner der betroffenen Gegenden zu besonderer Vorsicht und zum Befolgen der Anordnungen der Sicherheitsdienste auf. Trump will sich Anfang nächste Woche ein Bild von der Lage in Texas machen.

„Harvey“ wird voraussichtlich nicht nur der erste große Hurrikan seit „Wilma“ im Oktober 2005 sein. Damals starben Dutzende Menschen an den Folgen von Überflutungen und durch Panik. Der Sturm könnte auch die erste große Naturkatastrophe in Präsident Donald Trumps Amtszeit werden.

Der Gouverneur von Texas, Greg Abbott, erwartet in den kommenden Tagen ein „sehr großes Desaster“ für seinen Bundesstaat. Abbott rief die Bewohner am Golf von Mexiko auf, die betroffene Küstenregion und niedrig gelegene Gebiete zu verlassen. Wer zwischen Corpus Christi und Houston - der viertgrößten Stadt der USA lebe, solle dringend erwägen, die Region zu verlassen.

„Harvey“ habe sich zu einem sehr gefährlichen und komplexen Hurrikan entwickelt, sagte Abbott. Texas werde es in mehreren Regionen mit Regenmengen in Rekordhöhe zu tun bekommen. Außerdem könne niemand die Höhe der bisher vorhergesagten Sturmflut vorhersagen. Die Zwei-Millionen-Metropole Houston ist als Ölstadt mit zahlreichen Raffinerien wichtig für die Energieversorgung der USA.

„Ich will nicht dramatisch klingen, aber ich fürchte eine epische Flutkatastrophe“, twitterte der Ex-Präsident der meteorologischen Gesellschaft der USA, Marshall Sheperd. Experten befürchten, dass mancherorts insgesamt bis zu 75 Zentimeter Regen pro Quadratmeter fallen können, in einer Sturmflut sogar sehr deutlich mehr. Im Schnitt sollen es 30 bis 55 Zentimeter pro Quadratmeter sein.

Betroffen ist ein von insgesamt 16 Millionen Menschen bewohntes Gebiet zwischen der Stadt Brownsville und Houston mit einem Küstenstreifen von etwa 560 Kilometern Länge.

Die Menschen im südlichen Texas rüsten sich derweil für den Kampf gegen die Fluten. Sandsäcke werden befüllt, Geschäfte mit Holzplatten vernagelt, Wasservorräte angelegt. Generatoren werden bereitgestellt, um zu erwartende großflächige Stromausfälle aufzufangen. In den USA laufen die meisten Strom- und Telefonkabel nicht im Boden, sondern über Holzmasten.

„Das Fenster für die Evakuierung schließt sich rasch“, sagte Fema-Direktor Long. Fernsehbilder zeigten am Freitag lange Autokolonnen mit Abreisenden, Supermärkte sind komplett leergekauft, Flüge wurden bereits vorbeugend gestrichen.

„Harvey“ sollte den Berechnungen der Wetterexperten zufolge nach dem Anlanden in der Nähe von Corpus Christi kegelförmig landeinwärts ziehen. Von sehr starken Winden abgesehen, soll die Hauptlast des Regens am Wochenende fallen.

„Irgendjemand wird so starken Regen abbekommen, dass er noch seinen Enkeln wird davon erzählen können“, sagte Bill Read, der früher das Hurrikanzentrum leitete, der „Washington Post“.

Für die Einwohner von sieben Bezirken an der Küste wurde eine Evakuierung angeordnet, sie müssen sich dem aber nicht beugen. In der Hafenstadt Corpus Christi mit gut 300.000 Einwohnern ist nach Angaben von Reportern vor Ort und der Zeitung „Caller Times“ das öffentliche Leben weitgehend heruntergefahren.

Viele Menschen flüchteten sich von der Küste in Richtung der Städte San Antonio oder Austin im Landesinneren, die aber ebenfalls von den Ausläufern „Harveys“ erreicht werden könnten. Die Auswirkungen sollen bis hinauf nach New Orleans zu spüren sein.

Wenn es schlecht läuft und der Sturm weiter nur langsam weiterzieht, könnte es bis in die nächste Woche hinein zwischen vier und sechs Tagen Sturzregen geben. Schlimmstenfalls könnte der Hurrikan tagelang über dem Bundesstaat hin- und herwandern. Das Hurrikanzentrum warnte vor Überflutungen auch im Bundesstaat Louisiana und im nördlichen Mexiko Anfang der kommenden Woche. „Harveys Fußabdruck wird gewaltig sein, weil er so lange dauert“, schrieb die „Washington Post“.

„Harvey“ braute sich als Tiefdruckgebiet und dann als tropischer Sturm über dem derzeit extrem warmen Wasser des Golfs von Mexiko zusammen. Kurz danach rief der texanische Gouverneur Greg Abbott für seinen Staat bereits den Notstand aus, das hat vor allem den Grund einer einfacheren finanziellen Unterstützung auch mit Bundesmitteln.

Eine große Rolle wird spielen, ob der Sturm zur Zeit von Flut oder Ebbe an der Küste eintreffen wird. Flut wäre schlecht, weil das Wasser dann bereits hoch stünde.

Texas erlebte seinen letzten Hurrikan 2008, er trug den Namen „Ike“. Damals starben dort sowie in Louisiana und Arkansas 21 Menschen. „Ike“ gilt als vergleichsweise kleiner Hurrikan.