Thees ist der Boss - Rock-Hymnen auf Zuhause
Berlin (dpa) - Einer der besten deutschen Songwriter war Thees Uhlmann schon bei Tomte. Die Band liegt zur Zeit auf Eis, denn Uhlmann bringt jetzt erstmals ein Album unter eigener Flagge heraus: Kein bescheidenes Nischenprodukt, sondern riesengroßer, euphorischer Rock'n'Roll.
„Boss“ ist Thees Uhlmann schon länger - seit Mitte der 90er Jahre bei der so klugen wie populären Hamburger Band Tomte, seit 2002 beim eigenen Indiepop-Label Grand Hotel van Cleef (GHvC). Sein großes Vorbild Bruce Springsteen wird von Millionen Fans „The Boss“ genannt. Und so ist es wohl kein Zufall, dass Uhlmann auf seiner ersten Solo-Platte Springsteens uramerikanischen Cinemascope-Sound und seine einfühlsamen Gitarrenrock-Hymnen an die Heimat mehr als nur einmal liebevoll zitiert.
Das ganz schlicht „Thees Uhlmann“ betitelte Album entstand über eineinhalb Jahre nach einer längeren Tomte-Tournee. Dann musste etwas raus, das der Band-Boss nur unter eigenem Namen mitteilen wollte und konnte. Im Gegensatz zu den teils verrätselten Tomte-Texten legte der 37-Jährige den Schwerpunkt diesmal auf sehr persönliche Lieder. „Bei meiner Solo-Scheibe bedeuten viele Texte eins zu eins das, was da steht“, sagt Uhlmann im Interview der Nachrichtenagentur dpa in Berlin.
Man erfährt also viel über den sympathischen Niedersachsen, der zur Zeit Wohnsitze in Hamburg und Berlin hat. Vor allem outet sich Uhlmann als bodenständiger Mensch, der zu seinen Provinz-Wurzeln steht und mit durchaus sentimentalen Gefühlen auf seine Jugend in Hemmoor - zwischen Hamburg und Cuxhaven - zurückblickt. „Ich leg' schon Wert darauf, dass das nicht so ein malerisches Fischerdörfchen ist, sondern 'ne rumpelige Kleinstadt“, betont der Songwriter. Etwa alle sechs Wochen besucht Uhlmann mit der Tochter seine Mutter in Hemmoor, das für ihn wieder zunehmend zum Zuhause wird.
Das eindeutigste Heimat-Lied trägt den zunächst kryptischen Titel „LAT: 53.7 LON: 9.11667“ - na klar, die Breiten- und Längengrade von Hemmoor. Uhlmann entwirft sprachmächtig das Bild eines durch und durch normalen Dorflebens in den 70er Jahren mit „Schweinedisco“ und Atomkraftwerk um die Ecke. „Es wird wahnsinnig viel über Städte gesungen“, sagt er. „Aber die meisten Leute kommen eben nicht aus Berlin-Kreuzberg oder Hamburg-Altona, sondern aus den verdammten Kleinstädten. Diese Leute sollten auch mal repräsentiert werden.“
Im Video zum wuchtig-bewegenden Album-Opener setzte Uhlmann seiner Familie ein Denkmal. „Ich habe Super-8-Aufnahmen meines Vaters gefunden - daher kam die Idee, dieselben Menschen 35 Jahre später an denselben Ort zu stellen“, erzählt der Sänger. „Mein Bruder und meine Mutter tauchen deshalb im Video auch auf, und die Band macht auf der Terrasse meines Elternhauses die Musik dazu.“
Aber auch „Paris im Herbst“ und die überhaupt nicht provinzielle Verehrung für den amerikanischen Hip-Hop-König Jay-Z besingt Uhlmann auf seinem ambitionierten und in jeder Hinsicht geglückten Solo-Album. Für „& Jay-Z singt uns ein Lied“ bat er einen befreundeten aufstrebenden Deutsch-Rapper ins Studio: „Der Song war eigentlich schon fertig, als uns die Idee kam: Da müsste jetzt noch jemand rappen. Und das konnte in meiner Welt nur Casper sein.“
Während Solo-Alben bekannter Bandmusiker oft eher bescheiden und reduziert daherkommen, sparte Thees Uhlmann bei der Studio- Bastelarbeit zusammen mit Produzent Tobias Kuhn an nichts. Monumentale Classic-Rock-Arrangements mit jeder Menge Gitarren, Klavier, Mundharmonika, Bläsern und donnerndem Schlagzeug - amerikanischer geht's kaum. Auch daher stammt wohl der für einen deutschen Musiker recht gewagte Springsteen-Vergleich seines Labels.
Im Studio hätten er und Kuhn andauernd „Rock'n'Roll!“ geschrien, was wohl ziemlich absurd gewirkt habe, erzählt Uhlmann. „Doch das war die Ära, die wir im Sinn hatten... Ich hoffe, man hört dem Album an, dass da zwei Jungs Mitte 30 Vergnügen hatten.“ Mission erfüllt. Jetzt will er auch auf Tournee mit seiner Thees Uhlmann Band viel Spaß haben - und danach zur Arbeit mit Tomte zurückkehren. Um den Fortbestand seiner eher Britpop-nahen Hauptband müsse man sich also keine Sorgen machen, versichert der deutsche „Boss“.