Das „Micky-Maus“-Heft feiert 60. Geburtstag

Berlin (dpa) - Jubel! Freu! Klatsch! Das „Micky Maus Magazin“ feiert seinen 60. Geburtstag. Heute kennt fast jeder die Abenteuer von Micky, Donald, Pluto, Dagobert und Co. Dabei sollten die ersten Hefte noch verboten werden.

Heimlich unter der Schulbank oder mit der Taschenlampe unter der Bettdecke - so lasen viele Kinder damals ihre geliebte, vom mühsam angesparten Taschengeld selbst gekaufte „Micky Maus“. Comics galten als „Schundhefte“. Dieser Vorwurf traf auch Herrn Maus, als am 29. August 1951 in Deutschland die erste „Micky Maus“ erschien. Die bunten Bildergeschichten mit den Sprechblasen wurden als „anspruchslose Hefte für Analphabeten“ geschmäht, die zu „Verblödung“, einer „völligen Verflachung des Verstandes“ und „Gefühlsverrohung“ führen würden. Sogar gerichtlich sollte „Micky Maus“ verboten werden.

60 Jahre später kennt fast jeder die Abenteuer von Micky, Donald, Pluto, Dagobert, Daniel Düsentrieb, den Panzerknackern und all den anderen Bewohnern von Entenhausen. „Generationen von Kindern haben mit der "Micky Maus" lesen gelernt“, sagt „Micky Maus“-Chefredakteur Peter Höpfner. Bis heute wurden 1,2 Milliarden Hefte verkauft. Das Geschäft mit dem wöchentlich erscheinenden Magazin sei stabil, heißt es beim Egmont Ehapa Verlag in Berlin. Eine gut erhaltene „Micky Maus“-Erstausgabe hat inzwischen einen Sammlerwert von rund 13 000 Euro. Damals kostete das Heft 75 Pfennig.

Über die Sprachschöpfungen, Übersetzungen und Literaturanspielungen von Erika Fuchs („Dem Ingeniör ist nichts zu schwör“), der ersten „Micky Maus“-Chefredakteurin, wurden wissenschaftliche Abhandlungen geschrieben. Ihr „Erikativ“, der Verben auf ihren Wortstamm reduzierte, fand als „Grummel“, „Ächz“, „Würg“ und „Bibber“ Eingang in die Alltagssprache. Bis heute vermeiden die „Micky-Maus“-Macher Anglizismen. Auf „sauberes, bestmögliches Deutsch“ werde Wert gelegt, sagt Höpfner.

Anfangen hat alles mit drei Kreisen. In den USA entwickelten Walt Disney und der Zeichner Ub Iwerks einen runden Kopf mit zwei runden Ohren und erfanden damit Micky Maus. 1948 erwarb der dänische Egmont Verlag die Rechte an der Veröffentlichung von Disney-Comics für Skandinavien und die deutschsprachigen Länder. Bis heute ist die Comic-Zentralredaktion in Kopenhagen. „Die Zeichner und Autoren sitzen in aller Welt“, erklärt Höpfner. Auch in der 2906. Ausgabe ist noch jedes Bild von Hand gemalt.

Übersetzt wird in Deutschland, in Berlin entsteht auch der redaktionelle Teil des 52-seitigen Heftes mit Rätseln, Witzen und Beiträgen von Umweltschutz, Kino, Fußball bis Bundestagswahl. Sex, Gewalt, Religion und politische Meinungen sind tabu im „Micky Maus Magazin“. Entenhausen-Geschichten erscheinen in 27 Sprachen und 29 Ländern - darunter in China, Russland, Polen, Island und Brasilien. In den USA selbst gibt es allerdings kein „Micky-Maus“-Heft.

Der mit Abstand beliebteste Einwohner von Entenhausen ist in den meisten Ländern übrigens nicht Micky, sondern Donald Duck. „Micky ist ein toller Kerl. Er weiß alles, ihm gelingt alles. Aber manchmal ist er ein bisschen streberhaft. Donald dagegen ist nichts Menschliches fremd, er hat unter seiner Matrosenbluse das Herz auf dem richtigen Fleck“, sagt Höpfner. „Er ist einer von uns. Deshalb ist uns der Erpel schlicht und einfach näher.“

Der typische „Micky-Maus“-Leser ist etwa 10 Jahre alt, männlich und wohnt in den alten Bundesländern. Nur die Hälfte der Leser kommt aus Ostdeutschland. In der DDR waren die aus dem kapitalistischen Feindesland stammenden Maus-Geschichten verboten. Rund 6400 Comic- Seiten hat der amerikanische Entenhausen-Urvater Carl Barks gezeichnet, bis heute werden seine Klassiker nachgedruckt.

Zum Jubiläum bringt der Verlag neben einer Sammleredition und dem Entenhausener Lifestyle-Magazin „Donald“ erstmals die „Micky Maus COMICS“ heraus, ein für die ältere Zielgruppe gedachtes Heft ohne redaktionellen Teil. „Bei den "Micky Maus COMICS" haben wir nur Erstveröffentlichungen. Es sind neu entstandene Geschichten, aber auch welche aus den 50er, 60er oder 70er Jahren, die wir aus irgendwelchen Gründen noch nicht gedruckt haben - weil sie zu lang waren oder weil die Übersetzung verschollen war“, erklärt Höpfner.

Auf dem Cover des mit einer „Comic-Sound-Maschine“ ausgestatteten Jubiläumsheftes ist Micky wie bei der Erstausgabe als Pilot im rot- gelben Flieger zu sehen - allerdings droht das Flugzeug dieses Mal nicht zu sinken, sondern steigt in den blauen Himmel auf.