Dabei hätten die Voraussetzungen für den leidenschaftlichen Provokateur Sarrazin nicht besser sein können: Er stellte in Berlin ein Buch über den vermeintlichen Zustand der deutschen Mittelschicht vor. Natürlich lieferte Sarrazin, mittlerweile Vorstandsmitglied der Bundesbank, eine Analyse der sogenannten Unterschicht kostenlos gleich mit.
Doch so handzahm wie diesmal fiel seine Zustandsbeschreibung selten aus. Keine Rede von "Kopftuchmädchen", "türkischen Wärmestuben" oder dem Hinweis, dass Hartz-IV-Empfänger auch mit weniger Geld gut auskämen. Im Gegenteil, Sarrazin sagte: "Man darf nicht pauschalisieren". Das verwundert, wo doch die Fähigkeit zum Pauschalurteil bisher Sarrazins große Stärke war.
Vielleicht hängt die unerwartete Milde schlicht mit seinem kürzlichen Fast-Ausschluss aus der SPD zusammen. Damals signalisierten ihm seine Genossen, er möge künftig doch bitte vorsichtiger sein.