Thure Riefenstein: Starallüren? Nein, danke!

Der Schauspieler Thure Riefenstein ist nach dem Donnergott Thor benannt, mag aber lieber die leisen Töne.

Hamburg. Der Schüler ist eigentlich nett, etwas blass vielleicht, ziemlich still. Dann geschieht es. Der Junge stürmt durch die Schule, schießt um sich. Wie konnte es nur zu diesem Amoklauf kommen?

Die Antwort erscheint einfach: Horror- und Gewaltfilme sind die Ursache. Der Schauspieler Thure Riefenstein schüttelt dazu nachdrücklich den Kopf. Das könne sicher eine gewisse Grundstimmung schaffen, aber "nicht jeder, der mal einen Horrorfilm sieht, wird gleich zum Amokläufer".

Riefenstahl sagt aber auch, dass die Geburt seines Sohnes viel geändert habe: "Während ich früher gerne Horrorfilme sah, muss ich mir heute nicht mehr anschauen, wenn Menschen andere umbringen, sondern erfreue mich lieber an konstruktiven Dingen."

Die tatsächlichen Gründe für einen Amoklauf müsse man aber woanders suchen: "Mobbing, Versagensängste, Perspektivlosigkeit - das alles ist das eigentliche Problem. Irgendwann ist ein junger Mensch schließlich dazu bereit, auch das Schlimmste zu machen."

Der Film "Der Amokläufer - Aus Spiel wird Ernst", den Sat.1 heute zeigt, ist sichtlich von der Katastrophe in Erfurt im April 2002 inspiriert. Hier wird in einer Eliteschule per Mail ein Amoklauf angedroht. Wer könnte der potenzielle Täter sein? Der Schnösel aus allzu reichem Haus? Der von ihm gepiesackte Außenseiter? Oder sein Freund, Sohn eines geschiedenen Polizisten?

Thure Riefenstahl spielt diesen Polizisten, der gleich auch ein Auge auf die attraktive neue Lehrerin (Anja Kling) wirft. Nicht zum ersten Mal steigt er in die Polizeiuniform, auch in der ZDF-Krimireihe "Kommissarin Lukas" war er mehrfach darin zu sehen. Der 43-Jährige mag Sprünge und Widerhaken in seinen Rollen. Sehr gern hat er "Bösewichte mit hellen Seiten, Gutwichte, die ihre Schatten haben". Thure Riefenstein, benannt nach dem nordischen Donnergott Thor, hat es eben mit kerniger Düsternis und kleinen seelischen Abgründen.

Er hat in Amerika und Italien gedreht, schwang an der marokkanischen Küste das Schwert in den "Kreuzrittern" und war als Partner von Romy Schneiders Tochter Sarah ein Kavalier in deren Filmdebüt "Julie - Agentin des Königs". Dreharbeiten in der Türkei fand er vor allem ulkig: "Wie Prinzen und Prinzessinnen stolzierten die türkischen Kollegen einher." Ihm selbst ist die professionell sachliche Berufsauffassung der Amerikaner lieber: nur keine Starallüren.

Ein schwerer Autounfall vor 20 Jahren hat am Anfang seines Schauspiellebens gestanden. Das gab den Ausschlag, das Elektrotechnik-Studium hinzuwerfen und stattdessen seinem Kindheitstraum zu folgen: der Schauspielerei. Seine Lieblings-Bühnenrolle des Tyrannen Caligula im Drama von Albert Camus hat er allerdings nie gespielt, und "inzwischen bin ich wohl zu alt dafür". Im Alter genau richtig fühlt er sich jedoch für seine andere Lieblingsrolle, als Vater von Sohn Paris aus der Ehe mit der Kollegin Patricia Lueger.

Sechs Jahre ist der Kleine alt, bald kommt er in die Schule. Der Vater denkt daran mit Wehmut. Und mit der Sorge, in was für eine Welt er den Sohn eines Tages entlassen wird: "Was kann man anderes tun als wach sein?" Das tut auch der Polizist in diesem Film, der tröstlicherweise nach allen Konflikten den Sohn beruhigt in die Arme schließen kann.

Sat.1, 20.15 Uhr: Der Amokläufer - Aus Spiel wird Ernst