Tierschutz: Nachtwache für Mini-Schwäne

Weil im vergangenen Jahr sechs Küken verschwanden, drehen jetzt 40 Freiwillige ihre Runden im Moerser Schlosspark.

Moers. "Wulle, wulle, wulle!" Ohne die Lockrufe von "Hilfssheriff" Adolf Kohtes würde der See in Moers dieser Tage still ruhen. Doch der 70-Jährige hat einen Auftrag: Er beschützt das vor kurzem geschlüpfte Schwanen-Küken. Am Ufer laufen derzeit auch sieben bauschige Nilgans-Küken, nur wenige Tage alt und streng bewacht von den Eltern. "Die sind noch alle da", freut sich der "Schwanen-Schutzmann" und folgt strammen Schrittes dem schon plattgetretenen Trampelpfad um den See herum - seinem Revier auf Zeit.

"Im vergangenen Jahr sind sechs Schwanenküken über Nacht verschwunden", erzählt der Rentner, "die wurden geklaut." Jede Nacht legen sich nun Tierfreunde auf die Lauer und drehen mit Taschenlampen ihre Runden. Die Aktion im Schlosspark - "Schwanenwache" genannt - hat mehr als 40 Unterstützer auf den Plan gerufen. Die meisten der "Wachleute" sind zwischen 50 und 60 Jahre alt, schätzt Kohtes. Zwischen 21 Uhr abends und 6Uhr morgens drehen jeweils sechs Beschützer im 30-Minuten-Takt ihre Runden um den See - im Doppelpack für drei Stunden.

Das Verschwinden der sechs Küken hatte die Moerser im vergangenen Jahr schwer erschüttert. Das Thema wurde zum Stadtgespräch. Wer das wohl war? Und warum? Wie konnte das nur passieren? Fragen, die bis heute nicht geklärt werden konnten. Eine Katze oder ein Raubtier als "Täter" schließt die Düsseldorfer Biologin Marion Wille ebenfalls aus: "Dann hätte man irgendwo Blut oder Federn gefunden."

Eine weitere Theorie: Vielleicht kam der Angriff von unten, während die Kleinen auf dem See schwammen. War es ein Hecht oder vielleicht doch ein Wels? Letzterem wird nachgesagt, dass er sich hin und wieder auch mal einen kleinen Hund schnappt.

So wie vor neun Jahren in Mönchengladbach, wo eine alte Dame bei einem Spaziergang entlang eines Weihers auf tragische Weise ihren Dackel verloren haben soll - vom Wels gefressen, hieß es. "Kuno, der Killer-Wels" vom Volksgarten-Teich, wurde der angebliche Täter schnell genannt.

"Wulle, wulle, wulle", ruft Kohtes wieder. Plötzlich bleibt er am Ufer stehen und zeigt auf den See: "Da, der Schwanenmeister", wie er das Männchen nennt. Zwischen dem Grün am Inselufer bewegt sich etwas. Dann der große Auftritt: Allen voran gleitet stolz der weiße Schwan durch das Wasser. Gleich hinter ihm zeigt sich nach über einem Monat Brutzeit endlich auch seine "Frau" - im Schlepptau das Küken. Bis in den Winter hinein wird das Kleine von seinen Eltern behütet.

Die "Schwanenwache" will zusätzlich für Schutz vor Langfingern sorgen - etwa drei Monate lang. "Wir sind eben alle Tierfreunde", sagt Kohtes, der für den Fall der Fälle gewappnet ist: Sollte der Schwanendieb im Schutze der Dunkelheit zuschlagen, alarmiert der Rentner die Polizei.