Todesdrama am Nanga Parbat
Unfall: Der "Teufelsberg" wurde drei Südtiroler Bergsteigern zum Verhängnis. Einer ist wahrscheinlich tot, zwei sitzen am Gipfel fest.
Islamabad. "Diese trotzige Teufelswand ließ mich schon am Tag unserer Ankunft nicht in Ruhe, sie macht mich unschlüssig und skeptisch", schrieb der Bergsteiger Karl Unterkircher am 28.Juni in unheilvoller Verausahnung auf seiner Internetseite in sein Online-Tagebuch. "Es ist wahrhaftig eine gefährliche Mission."
Der im Himalaya liegende Nanga Parbat wurde dem Südtiroler zum Verhängnis. Unter anderem steht er im Guinness-Buch der Rekorde, weil er innerhalb von 63 Tagen die beiden höchsten Gipfel der Welt, den Mount Everest und den K2, ohne Sauerstoffflasche bestiegen hatte.
Mit den Südtiroler Alpinisten Simon Kehrer und Walter Jones wollte der 37-Jährige den Nanga Parbat in Pakistan besteigen, als Erster über die besonders gefährliche 3000 Meter hohe Rakhiot-Wand. Doch am Dienstag stürzte er in eine Gletscherspalte, wurde unter Schnee begraben. Kehrer und Jones wollten ihn befreien - aber ohne Erfolg.
Sie konnten ihm lediglich sein Handy abnehmen und damit Hilfe rufen, mussten ihn aber zurücklassen. Der Kontakt zu den beiden ist seit Mittwoch abgebrochen. Sie wurden aber mehrmals von Pakistanern an der Wand gesichtet.
Gestern hat sich eine von Italien aus organisierte Rettungstruppe mit Hubschraubern aus Islamabad auf den Weg nach Fairy Meadows gemacht, das rund eine Stunde Fußmarsch vom Basislager entfernt liegt. An Bord waren neben pakistanischen Soldaten die Extrem-Alpinisten Silvio Mondinelli und Maurizio Gallo. Der erste Bergungsversuch gestern musste wegen schlechten Wetters abgebrochen werden.
Jones und Kehrer sitzen wegen Sturm und Regen auf 7000 Metern Höhe fest. Sie können nicht alleine ins Basislager auf etwa 4000 Meter Höhe zurückkehren. Die Zeit für sie läuft langsam ab. Allerdings gilt es als unwahrscheinlich, dass die Helikopter sie dort oben aufnehmen können. Die Retter wollen zumindest versuchen, Lebensmittel bei den Alpinisten abzuwerfen.
Für Unterkircher gibt es allerdings keine Hoffnung mehr. "Es ist unmöglich, an den Punkt zu kommen, wo er abgestürzt ist", sagte ein Freund des Verunglückten, Agostino Da Polenza.
Der Nanga Parbat ist einer der gefährlichsten Berge im Himalaya. Mit 8125 Metern ist er der neunthöchste Gipfel der Erde. Der "Teufelsberg", wie er von vielen Alpinisten genannt wird, hat schon 62 Opfer gefordert - darunter auch Günther Messner, den Bruder Reinhold Messners. Er ist 1970 tödlich verunglückt. Später wurden Vorwürfe gegen Reinold Messner laut, er habe seinem Bruder verletzt zurückgelassen, was er vehement zurückwies.
Messner sagte jetzt, er hoffe, dass Unterkirchers Kameraden nicht mit denselben Vorwürfen konfrontiert würden. "Karl ist tot. Er ist im Schnee begraben." Seine Kletterpartner hätten das Recht und die Pflicht, ihr eigenes Leben zu retten.
Unterkircher hinterlässt seine Frau Silke und drei Kinder. Sie macht Jones und Kehrer keine Vorwürfe: "Sie haben sicher alles getan, um ihn zu retten."