Porträt: Handy-Verkäufer wird Opernstar
Er gewann 2007 die Talentshow „Britain’s Got Talent“. Sein erster Auftritt ist nun in einem Werbespot zu sehen.
Düsseldorf. Paul Potts sieht nicht gerade aus wie ein Superstar von heute. Er hat einige Kilos zuviel auf den Hüften, eine Neigung zum Doppelkinn und ziemlich schiefe Zähne. Aber seine Stimme bewegt Millionen Menschen auf der ganzen Welt.
In Deutschland ist sein erster großer Auftritt aus dem Jahr 2007 momentan in einem Werbespot der Telekom zu sehen: Potts schmettert die Arie "Nessun Dorma" (Keiner schlafe) aus Puccinis Oper "Turandot" in der TV-Show "Britain’s Got Talent" mit solch einer Inbrunst, dass die Jury vor Rührung weint und das Publikum sich nicht mehr auf den Sitzen halten kann.
Seit diesem Auftritt geht es für Potts steil bergauf: Er gewann die Talentshow, verkaufte drei Millionen Exemplare seines Debüt-Albums "One Chance" und landete jetzt mit "Nessun Dorma" auf Platz zwölf der deutschen Single-Charts.
Dabei hätte keiner mit seinem Erfolg weniger gerechnet als Paul Potts selber. Der 37-Jährige aus Bristol war bereits als Kind ein Außenseiter, wurde in der Schule gehänselt. Sein Selbstbewusstsein litt darunter sehr.
Der Sohn eines Busfahrers und einer Supermarktkassiererin begann zu singen, sobald er sprechen konnte. "Meine Mutter erinnert sich, dass ich zur Filmmusik von E.T. sang und mit einem Stock dirigierte", sagt Potts lachend. Mit elf Jahren war er bereits Mitglied eines der besten Kirchenchöre Bristols. Mit 16 entdeckte er seine Liebe für die Oper.
Potts’ mangelndes Selbstwertgefühl und seine Angst vor Ablehnung hinderten ihn daran, eine Profilaufbahn einzuschlagen. "Ich sah das so: Wenn ich nicht fragte, würde ich auch nie ein Nein zu hören bekommen", sagt Potts. "Es war der einfachere Weg."
Stattdessen arbeitete er zuerst bei der Supermarkt-Kette Tesco in der Tiefkühlabteilung und verdiente dann seine Brötchen als Handyverkäufer. Besonders glücklich war er damit nie. "Wenn ich verkaufte, fühlte ich mich, als würde ich schauspielern", berichtet er. "Nur wenn ich sang, hatte ich das Gefühl, ich selbst zu sein. Mein wirkliches Ich."
Ein herber Tiefschlag folgte im Jahr 2003: Potts erlitt einen Blinddarmdurchbruch. Während der Behandlung diagnostizierten die Ärzte einen gutartigen Tumor an der Nebenniere.
Nach der erfolgreichen Operation befand er sich gerade auf dem Weg der Besserung, als er vom Fahrrad stürzte und sich das Schlüsselbein brach. "Von allen gesundheitlichen Problemen war der Schlüsselbeinbruch das schmerzhafteste. Es dauerte Monate, bis er verheilt war", sagt Potts. "Mir ging es wirklich sehr, sehr schlecht, und das letzte, woran ich dachte, war Singen."
Doch dann kam "Britain’s Got Talent". Sein erster Auftritt war - gelinde gesagt - etwas seltsam. Fast, als wolle er sich dafür entschuldigen, überhaupt anwesend zu sein, betrat Potts in einem billigen Anzug die Bühne und verkündete, er wolle eine Arie singen. Und da war er plötzlich, dieser magische Moment, den mittlerweile fast 30 Millionen Menschen im Internet-Videoportal Youtube angeklickt haben.
Jetzt wird auch Hollywood Potts Leben verfilmen. Sein Aufstieg vom Handyverkäufer zum Opernstar bietet genügend Stoff dafür.