Todesurteile wegen Fußballtragödie von Port Said

Kairo (dpa) - Wegen ihrer Beteiligung an den schlimmsten Fußballkrawallen in der Geschichte Ägyptens sind in Kairo 21 Menschen zum Tode verurteilt worden. Der mit Spannung erwartete Richterspruch wurde am Samstag vom Staatsfernsehen direkt übertragen.

Für 52 weitere Angeklagte fällt der Richterspruch am 9. März. Die Verwandten und Freunde der Opfer jubelten, Angehörige der Verurteilten randalierten. In Port Said gab es mindestens acht Tote.

Vor einem Jahr, am 1. Februar 2012, waren im Fußballstadion der Stadt Port Said 74 Menschen ums Leben gekommen. Unmittelbar nach Abpfiff hatten Fans des Gastgebervereins Al-Masri damals das Spielfeld gestürmt und waren mit Brechstangen, Messern und Schusswaffen auf die Fans des Kairoer Vereins Al-Ahli losgegangen. Von den Al-Masri-Fans wurden später 61 wegen Mordes angeklagt.

Neun Polizisten wurden wegen Nachlässigkeit im Dienst vor Gericht gestellt, weil sie die Fans vor dem Spiel nicht gründlich nach Waffen durchsucht hätten. Sie waren nicht unter den ersten Verurteilten. Auch drei Mitarbeiter des Vereins Al-Masri müssen sich verantworten. Aus Sicherheitsgründen wurde das Verfahren von Port Said nach Kairo verlegt und die angeklagten Al-Masri-Fans wurden aus Angst vor Übergriffen nicht zum Gericht gebracht.

Der Urteilsspruch wurde von den anwesenden Angehörigen der Opfer mit „Allahu Akbar, Gott ist groß“ begrüßt. Als Ultras bekannte Fußballfans hatten in den vergangenen Wochen unter dem Motto „Gerechtigkeit oder Chaos“ mehrfach gewaltsam für eine hohe Bestrafung der Täter demonstriert. Anhänger des Vereins Al-Ahli feierten die Entscheidung der Richter.

In Port Said dagegen eskalierte die Gewalt. Eine wütende Menschenmenge machte sich auf dem Weg zu einem Gefängnis, um die Verurteilten zu befreien. Es kam zu Zusammenstößen mit den Sicherheitskräften, Tränengas wurde eingesetzt. Zwei Polizisten und sechs Zivilisten kamen ums Leben, wie staatliche Medien unter Berufung auf das Innenministerium berichteten. Die Streitkräfte schickte Verstärkung in die Stadt.

Die Fans in Port Said werfen den Richtern ein politisches Urteil vor. Jüngst hatte die Staatsanwaltschaft neue Beweise eingebracht, die in diesen Richterspruch nicht eingeflossen sind.

Der schwarze Tag im ägyptischen Fußball fast genau ein Jahr nach dem Sturz des Langzeitmachthabers Husni Mubarak ist in dem nordafrikanischen Land längst zum Politikum geworden. Spekulationen, wonach die Al-Ahli-Fans wegen ihrer Beteiligung an den Anti-Regime-Protesten im Arabischen Frühling abgestraft wurden, haben sich zwar nicht bewahrheitet. Doch gilt die Tragödie als Symbol für die desolate Lage Ägyptens. Präsident Mohammed Mursi jedenfalls zählte die 74 Toten jüngst zu den offiziellen „Märtyrern der Revolution“.

In wenigen Tagen wollen Regierung und Fußballrepräsentanten nun eine neues, friedliches Kapitel aufschlagen. Am 1. Februar soll die Fußball-Liga wieder starten.