Todkranke Kinder behandelt: Falscher Arzt muss ins Gefängnis
Er präsentierte sich als Experte für Palliativmedizin und täuschte Familien mit todkranken Kindern - nun ist der Betrüger zu mehreren Jahren Haft verurteilt worden. Der Hochstapler schmückte sich mit falschen Titeln, hatte aber noch nicht mal einen Realschulabschluss.
Hannover (dpa). Ein Hochstapler, der als angeblicher Arzt schwerkranke Kinder behandelte, muss für zwei Jahre und zehn Monate ins Gefängnis. Das Landgericht Hannover verurteilte den 31-Jährigen am Mittwoch wegen Körperverletzung, Titelmissbrauchs, Verstößen gegen das Heilpraktikergesetz, Betrugs, Urkundenfälschung und Fahrens ohne Führerschein. Die Vorsitzende Richterin Renata Bürgel beschrieb den Angeklagten als selbstbezogen, rücksichtslos und aggressiv. „Er hatte ein hohes Manipulationstalent“, sagte sie über den Mann aus Halberstadt in Sachsen-Anhalt, der sein Geständnis in offensichtlich antrainiertem Schweizer Dialekt abgelegt hatte.
Der falsche Arzt hatte in Hannover einen Kinderhospizverein gegründet und etliche Familien mit todkrankem Nachwuchs betreut. In einem Fall spritzte er einem krampfenden Jungen ein Notfallmedikament. Dies wertete die Kammer als gefährliche Körperverletzung. „Er wollte nur vordergründig helfen und hat in Wirklichkeit das Vertrauen der Menschen missbraucht“, betonte die Richterin.
Eine Urkunde seiner ärztlichen Zulassung hatte der 31-Jährige gefälscht und sich mit den Titeln „Dr. med. univ. Mag. Psych.“ geschmückt. Er behauptete, schon früher ein Hospiz geleitet zu haben. Tatsächlich besitzt er noch nicht einmal einen Realschulabschluss.
Seine beiden Mitbewohnerinnen waren für ihn medizinische Versuchskaninchen. So legte er der einen jungen Frau eine Magensonde und führte Orangensaft ein. Die Zwillingsschwestern traten im Prozess als Nebenklägerinnen auf, denn sie waren mehrfach Opfer von Gewaltattacken des schmächtigen Mannes geworden.
Das Gericht stufte den wegen ähnlicher Delikte vorbestraften Angeklagten als voll schuldfähig ein. Die Gründe für sein bizarres Benehmen sah die Richterin wie der psychiatrische Gutachter in der Kindheit des 31-Jährigen: Aufgrund fehlender Zuwendung der Eltern habe er sich in eine idealisierende Wunschwelt geflüchtet, sagte Bürgel. „Er ist durch diese Flucht zu einem Hochstapler geworden.“
Der falsche Arzt nahm das Urteil äußerlich regungslos auf. Er verzog auch keine Miene, als die Richterin ihm empfahl, eine Therapie gepaart mit einer Ausbildung im medizinischen Bereich zu beginnen. „Sie können Menschen gewinnen. Nutzen Sie das“, sagte Bürgel.