Tote und Verletzte: Chaos nach schwerem Erdbeben im Südwesten Chinas
Die Erdstöße in Sichuan wecken die Erinnerung an das verheerende Beben 2008 in der Provinz. Damals kamen mehr als 80 000 Menschen ums Leben. Wie schlimm ist es diesmal? In der Nacht herrscht Verwirrung.
Jiuzhaigou. Bei einem schweren Erdbeben in China sind mindestens fünf Menschen ums Leben gekommen. Mindestens 88 wurden nach ersten Erkenntnissen verletzt, davon 30 schwer, wie die Behörden in Jiuzhaigou in der südwestchinesischen Provinz Sichuan berichteten. Das Erdbebenzentrum gab die Stärke des Bebens am Dienstagabend Ortszeit mit 7 an. Der seismologische Dienst der USA sprach anhand anderer Messmethoden von 6,5.
Wegen der Stärke der Erdstöße, die sogar im mehr als 1500 Kilometer entfernten Peking zu spüren waren, könnte die Zahl der Opfer noch deutlich steigen. Bei den bisher bestätigten Toten handelte es sich den Angaben zufolge um chinesische Touristen. Viele Häuser stürzten ein oder wurden schwer beschädigt. Menschen rannten in Panik auf die Straßen. Telefonleitungen, das mobile Netz und die Stromversorgung waren teilweise unterbrochen.
Befürchtungen, dass es bis zu 100 Tote gegeben haben könnte, ließen sich zunächst nicht bestätigten. Das genaue Ausmaß des Erdbebens war aber unklar. Viele Menschen verbrachten aus Angst vor Nachbeben die Nacht im Freien. Das Epizentrum lag in einer wenig besiedelten Gegend, aber nahe des beliebten Naturparks Jiuzhaigou rund 280 Kilometer nördlich der Provinzhauptstadt Chengdu. Allein 34 000 Besucher waren am Dienstag in dem Park gezählt worden, der für seine Wasserfälle und Karstberge bekannt ist.
Staats- und Parteichef Xi Jinping rief zu schnellen Hilfs- und Rettungsbemühungen auf. Die nationalen Behörden verhängten die höchste Erdbeben-Alarmstufe. Mehr als 600 Feuerwehrleute und Soldaten mit Suchhunden wurden umgehend ins Erdbebengebiet entsandt. Ebenso wurden 200 Zelte und 2000 Decken sowie 1000 Erste-Hilfe-Kästen auf den Weg gebracht, wie die Nachrichtenagentur Xinhua berichtete.
Das Erdbeben ereignete sich um 21.19 Uhr Ortszeit (15.19 Uhr MESZ) in 20 Kilometer Tiefe. „Ich habe es stark gespürt“, sagte der Besitzer eines Hotels nahe des Touristenparks telefonisch der Deutschen Presse-Agentur in Peking. „Aber bei uns wurde niemand verletzt.“ In Sichuan waren 2008 bei einem schweren Erdbeben der Stärke 8 mehr als 80 000 Menschen ums Leben gekommen. Die verheerende Katastrophe ereignete sich wenige Monate vor den Olympischen Spielen in Peking.
Rund 100 Touristen wurden durch das Beben bei Ganhaizi in dem Nationalpark eingeschlossen, berichtete der Polizeisprecher der Provinzregierung, Chen Weide, telefonisch der dpa. „Es gibt Tote. Wir warten auf eine Bestätigung der Zahlen.“ Es herrschte erkennbare Verwirrung über die genaue Lage. So war zunächst noch mitgeteilt worden, dass niemand zum Zeitpunkt des Erdbebens im Park gewesen sei.
Die chinesische Rot-Kreuz-Gesellschaft schickte Spezialisten und Freiwillige. Auch wurden Hilfsgüter mobilisiert. „Das Beben schlug am Abend zu, Kommunikations- und Stromleitungen sind unterbrochen. Die Leute sind zweifellos geschockt und verängstigt“, sagte Gwendolyn Peng der Rot-Kreuz-Föderation in China (IFRC). „Es könnte einige Zeit dauern, bis wir das Ausmaß der Schäden und Opfer erfahren.“
Auch das Westkommando der Volksbefreiungsarmee bereitete sich auf Hilfsaktionen vor. Eine 33-köpfige Einheit mit Kommunikationsgeräten eilte bereits nach Jiuzhaigou, berichtete Xinhua. Elf Hubschrauber und mehr als 40 Fahrzeuge standen für den Einsatz am Mittwochmorgen bereitet. Auch medizinische Einheiten präparierten in der Nacht Medikamente, Plasma und Ausrüstung.
In der Provinz Sichuan war am Dienstagmorgen nach schweren Regenfällen auch ein Erdrutsch passiert, bei dem 24 Menschen ums Leben gekommen waren. Vier weitere wurden verletzt. Eine Person galt noch als vermisst, wie Xinhua berichtete. Der Erdrutsch passierte im Dorf Gengdi im Gebiet von Liangshan. In der Gegend wohnen viele Angehörige der Minderheit der Yi. Nach unbestätigten Angaben wurden 71 Häuser zerstört oder beschädigt. Mehr als 500 Menschen seien von dem Unglück betroffen. Sommerliche Regenfälle suchen seit Wochen Teile Chinas heim und sorgen für Überflutungen und Erdrutsche. dpa